Sonntag, 29. Dezember 2013

Unterm Apfelbaum

Ich sitze unterm Apfelbaum,
der seit dem Herbst ganz kalt und nackt
und schlafend steht im weiten Raum
und ward von einem Traum gepackt.

Ich träumte dort mit offnem Blick,
es käm' zu mir ein Engelein.
Der lud mich flugs - zu meinem Glück -
zu einer Sternenreise ein.

Obgleich ich voller Zweifel war,
wog doch die Neugier so viel mehr.
So hielt ich mich am weißen Haar,
und sah mich prompt im Flugverkehr.

Durch Wolken ging es hoch hinauf,
und höher noch als ich gedacht.
Die Reise hörte gar nicht auf.
"Oh, Englein du, so gib nur Acht!"

Doch dann, doch dann, Ihr glaubt es nicht,
sah ich sogleich millionenfach
das allerhellste Sternenlicht -
da wurd' mir das Gemüte schwach.

Die Tränen rannen ohne Ruh'.
Denn denkt Euch nur, auf jedem Stern
saß ein so lang vermisstes Du,
und lächelte (der Trauer fern).

Das Englein aber, das mich trug,
flog weiter, weiter. Mir wird bang.
Gar ziellos schien der lange Flug.
Und wenn ich nun hinunter sprang??

Doch unvermittelt hielt es an,
und hielt vorm Stern, und hielt vor dir,
so dass ich dich erkennen kann.
Kein Augenblick war schöner mir.

"DA BIST DU JA!!", rief ich beglückt.
Es zählte nicht mehr Zeit noch Raum.
Ich hab' dich gar so fest gedrückt,
und träumte unterm Apfelbaum …



© Bettina Lichtner