Die Herrlichkeit der Erden
muß Rauch und Asche werden,
nicht Fels, nicht Erz bestehn.
Das, was uns kann ergötzen,
was wir für ewig schätzen,
wird als ein leichter Traum vergehn.
Der Ruhm, nach dem wir trachten,
den wir unsterblich achten,
ist nur ein falscher Wahn.
Sobald der Geist gewichen
und dieser Mund erblichen,
fragt keiner, was wir hier getan.
Es hilft nicht Kunst noch Wissen,
wir werden hingerissen
ohn einen Unterscheid.
Was nützt der Schlösser Menge?
Dem hier die Welt zu enge,
dem wird ein enges Grab zu weit.
Dies alles wird zerrinnen,
was Müh und Fleiß gewinnen
und saurer Schweiß erwirbt;
was Menschen hier besitzen,
kann für den Tod nichts nützen:
dies alles stirbt uns, wenn man stirbt.
Wie eine Rose blühet,
wann man die Sonne siehet
begrüßen diese Welt,
die, eh der Tag sich neiget,
eh sich der Abend zeiget,
verwelkt und unversehns zerfällt:
so wachsen wir auf Erden
und hoffen groß zu werden,
von Schmerz und Sorgen frei;
doch eh wir zugenommen
und recht zur Blüte kommen,
bricht uns des Todes Sturm entzwei.
Wir rechnen Jahr auf Jahre;
indessen wird die Bahre
uns vor die Tür gebracht.
Drauf müssen wir von hinnen
und, eh wir uns besinnen,
der Erde sagen gute Nacht.
Auf, Herz, wach und bedenke,
daß dieser Zeit Geschenke
den Augenblick nur dein;
was du zuvor genossen,
ist wie ein Strom verflossen;
was künftig, wessen wird es sein?
Verlache Welt und Ehre,
Furcht, Hoffen, Gunst und Lehre
und nimm den Herren an,
der immer König bleibet,
den keine Zeit vertreibet,
der einzig selig machen kann.
Wohl dem, der auf ihn trauet!
Er hat recht fest gebauet,
und ob er hier gleich fällt,
wird er doch dort bestehen
und nimmermehr vergehen,
weil ihn der Starke selbst erhält.
© Andreas Gryphius (1616-1664)