Montag, 28. September 2015

Geistlicher Liedtext, unbek. Verfasser, um 1692



Ach, was ist doch unsre Zeit?
Flüchtigkeit,
Nebel, Rauch und Wind und Schatten.
Menschen können nicht bestehn.
Sie vergehn
wie die Blumen auf den Matten.
Unser Leben fleucht behende.
Mensch, bedenke doch das Ende!

Menschen sind zerbrechlich' Glas,
nichtig Gras,
Blumen, die nicht lange stehen.
Ach, wie bald wird ihre Kraft
hingerafft,
wenn die Todeslüfte wehen!
Unser Leben fleucht behende.
Mensch, bedenke doch das Ende!

Jugend, die den Rosen gleicht,
die verbleicht.
Ihre Schöne muss verschwinden.
Es vergeht durch Todesnacht
alle Pracht,
die wir an den Menschen finden.
Unser Leben fleucht behende.
Mensch, bedenke doch das Ende!

Menschen sind der Zeiten Spiel
und ein Ziel,
drauf die Todespfeile fliegen.
Die wie schlanke Zedern stehn,
groß und schön,
müssen durch den Tod erliegen.
Unser Leben fleucht behende.
Mensch, bedenke doch das Ende!

Ach, der Tod ist dir gewiss,
drum vergiss
alles Eitle dieser Erden.
Lenke dich zur Ewigkeit
jederzeit,
willst du dort unsterblich werden.
Unser Leben fleucht behende.
Mensch, bedenke doch das Ende!

Schwinge dein Gemüt und Herz
himmelwärts,
wo nicht Tod, nicht Not, nicht Leiden.
Denk an das, was ewig ist,
lieber Christ,
soll dich einst der Himmel weiden.
Unser Leben fleucht behende.
Mensch, bedenke doch das Ende!



(Unbek. Verfasser, um 1692)