Montag, 14. September 2015

Gedenke des Todes täglich



"Der Heide Plinius (gest. 79 n. Chr.) ließ keine Stunde vorübergehen, ohne etwas Nützliches zu lesen oder zu schreiben. Der römische Kaiser Titus (gest. 81 n. Chr.) sagte, wenn er an einem Tage nichts Gutes getan: "Freunde, ich habe den Tag verloren." Lass du keinen Tag für die Ewigkeit verloren gehen, beute jeden Tag für das Ende aus, warte zu allen Stunden deines Todes!

Wir arme Menschenkinder geben uns so leicht dem Wahne hin, von uns sei der Tod doch noch fern. Selbst der schon Hochbetagte hofft, zum wenigsten noch ein Jahr zu leben. Kein Wunder, wenn so Viele unversehens vom Tode überfallen werden! Verlass dich nicht auf deine Jugend oder auf deine blühende Kraft; auch die Jugend oder starke Kraft ist keinen Augenblick vor dem Tode sicher. Es kann vor Abend leicht anders werden, als es am frühen Morgen war.

Der Kirchenvater Augustin (gest. 430) sagt von unserm Sterbetag: "Den Einen Tag hat uns Gott verborgen, damit wir Acht haben auf alle Tage." Willst du weise sein, so halt dich immer und überall auf deinen Tod bereit. Lass dich nicht vom Tode überfallen, sondern erwarte und empfange ihn wie David den Goliath, mit frischem Mut und guter Wehr. Sei wie ein kluger Soldat, der immer auf seiner Hut ist!

In Straßburg war eine Stadtuhr mit der Umschrift: "Ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt."  (Nescitis qua hora veniat herus.). Desgleichen eine auf dem Rathaus zu Minden mit der Umschrift zwischen den Stundenziffern: "Alle verwunden, die letzte tötet." (Omnes vulnerant, ultima caedit).

Bedenke das wenigstens zuweilen, wenn du die Uhr schlagen hörst."


(Pfarrer Heinrich Guth, 1829-1889)