Ich seh' den Tod durch die Straßen eilen,
dann wieder hier und dort verweilen,
von einem Hause zum andern
seh' ich ihn langsam wandern.
In die Fenster blickt er im Vorübergeh'n,
ob jemand ihn rufe will er seh'n.
Dort sieht er Hände sich betend einen,
dort sieht er Eltern, --- dort Kindern weinen ---,
doch niemand ruft ihm zu: "Halt an,
damit ich mit dir gehen kann!"
Er trägt so sanft in jenes Land,
das uns so fern, so unbekannt,
und uns doch soll die Heimat sein,
in die wir gerne gehen ein.
Doch auch die Erde hat uns umspannt
mit lieblichem Blick, mit lieblicher Hand,
war sie zuerst uns doch Heimatland,
ehe den Himmel wir gekannt.
"Ist denn niemand in dieser großen Stadt,
der Sehnsucht nach mir im Herzen hat?"
Jetzt steht er still, ihm wird gewinkt,
im Auge eine Träne blinkt,
es ist ein altes Mütterlein.
Es ruft ihm wirklich zu: "Tritt ein!
Ich sehne mich schon lang' nach dir,
trag' sanft mich zu der Himmelstür!
Hier hab' ich viele, viele dort,
jetzt geh' ich gerne von hier fort.
War 's auch auf Erden, ach, so schön,
jetzt werd' ich meinen Heiland seh'n.
Lebt wohl, ihr Lieben, die hier steh'n,
dort oben gibt 's ein Wiederseh'n!"
Der Tod berührt sanft Aug' und Herz,
und ab fällt jeder Erdenschmerz!
Fort aus der Erde gold'nen Tagen
wird er sie hin zu Gott nun tragen,
Verklärung über sie zu breiten,
als guter Freund sie heim geleiten!
(unbekannt, Initialen C.E., ca. um 1900)
