Donnerstag, 23. Oktober 2025

Säer


 

Hundert Samen sät des Bauern Hand.

Sieben Körner fallen auf totes Land,

sieben geraten auf Stein und sieben in Staub,

sieben treffen die Krähen und sieben sind taub.

Sieben Körner werden vom Winde verweht,

über sieben Körner zermalmend die Egge geht,

sieben zernagen die Mäuse, sieben der Wurm,

sieben verwittert der Regen und sieben der Sturm.

Sieben erstehen und werden im Halm geknickt,

sieben ergrünen und werden von Unkraut erstickt.

Sieben allein entgehen Disteln und Dorn,

drängen zu tragenden Ähren und werden Korn.


Hundert gute Worte säen wir aus,

hundert gute Werke wandern hinaus.

Sieben zerflattern und wählen ein schlechtes Kleid,

sieben vernichtet Verrat und sieben der Neid,

sieben werden verspottet und sieben verkannt,

sieben mit Schande beworfen und sieben verbannt.

Sieben geraten in tiefe und schlüpfrige Hände,

sieben entfachen Verdacht und verderbliche Brände,

sieben zerstören Vertrauen und sieben Glück,

sieben schnellen gefährlich auf uns zurück.

Sieben werden verloren, sieben zerrieben.

Und aller Worte und Werke, die übrig geblieben,

findet ein einziges, schüchtern, beklommen und klein

in die gewollte, gesollte Bestimmung hinein.

Eines von allen, die uns aus dem Herzen geflossen,

eines von allen, die unserer Liebe entsprossen,

schändet uns nicht, verkündet und ehrt unsern Namen,

kommt zu Gedeihen, blüht auf, bringt Frucht und wird Samen.



(c) Johannes Heinrich Braach (1887-1940)