Heut' kommen stille Boten
zu dir vom Morgenrot:
"Gedenk an deine Toten,
gedenk an deinen Tod !"
Sie flüstern 's deinem Herzen;
sie sind dir nah gestellt;
du fühlst mit süßen Schmerzen
ein Weh'n aus jener Welt.
Gedenke, wie sie waren,
wie jeder trug und litt,
wie Bitt'res sie erfahren,
vielleicht durch dich auch mit;
wie ihrer Liebe Walten
das Schwerst' auch überstand,
wie Treue sie gehalten,
ob du sie oft verkannt !
Dir blüht aus ihren Mühen,
was hoffend du geträumt, ---
o lass in dir erglühen
den Dank, den du versäumt !
Durch tätig reines Streben
bewähr' im Sonnenlicht
an denen, die noch leben,
die heil'ge Lebenspflicht.
Bald ist der Tag erblichen,
bald hat mit ihrem Bann
die Nacht dich überschlichen,
da niemand wirken kann.
Dass sie dir sanft und leise
die Augen schließen mag,
sei rüstig auf der Reise,
sei wach am hellen Tag !
Hör' auf die stillen Boten,
fühl' ihres Odems Weh'n,
lass deine lieben Toten
im Herzen aufersteh'n;
sie sind dir nicht geschieden,
gehst du auf Gottes Pfad,
sie segnen dich hienieden
für jede gute Tat.
(c) Ernst Denker (Samstag, 19. November 1892)
