Donnerstag, 25. September 2025

Das Grab


 


Das Grab ist tief und stille,

und schauderhaft sein Rand;

es deckt mit schwarzer Hülle

ein unbekanntes Land.


Das Lied der Nachtigallen

tönt nicht in seinen Schoß;

des Frühlings Blüten fallen

nur auf des Hügels Moos.


Verlassne Liebe ringet

umsonst die Hände wund;

ihr lautes Rufen dringet

nicht in der Tiefe Grund.


Doch sonst an keinem Orte

wohnt die ersehnte Ruh,

und nur durch seine Pforte

geht man der Heimat zu.


Das arme Herz hienieden,

von manchem Sturm bewegt,

find't nirgends wahren Frieden,

als wo es nicht mehr schlägt.



(c) Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834)