So wie ein letzter Hauch, ein letzter Strahl des Gottes
den Tag verklärt an seinem Schluss,
rühr' ich die Leier noch am Fuße des Schafottes;
wer weiß, wann ich 's besteigen muss!
Wer weiß! Vielleicht bevor der Zeiger dort im Kreise
auf dem geblümten Zifferblatt
den sechzigfachen Schritt der vorgeschriebnen Reise
helltönigen Gangs vollendet hat,
liegt schon der Schlaf der Gruft auf diesen bleichen Zügen;
vielleicht bevor es mir gelang,
im angefangnen Vers den Reim zum Reim zu fügen,
wird zu entsetzensheiserm Klang
der Todverkündiger, der zum Gerüst der Schrecken
uns schleppt mit seiner Söldnerbrust,
das Echo dieses Saals mit meinem Namen wecken ---
(c) Emanuel Geibel (1815-1884)
