Ihr Menschen, seiet unbesorgt.
Was Gott an Zeit und Leben borgt
- die Stunde, die den Tag erhellt,
die Stunde, die zur Nacht einfällt -,
das holt er sich zurück.
Dies sei zu Eurem Glück.
Beherzigt es! Doch ach, ich weiß,
dass gar so manche Lebensreis'
recht unachtsam vonstatten geht.
Wer aufmerksam am Wege steht,
der ahnt die kurze Freud'
und kostet seine Zeit.
Wer aber fliegt und rennt und eilt
und nicht an seinem Glücke feilt,
wer lieber, statt er glücklich ist,
der Hektik aus den Händen frisst,
beklage nicht am Schluss
den mangelnden Genuss …
Nur jener, dem der Tod bekannt,
nur jener geht bewusst durchs Land
und hängt sein Auge an die Welt,
die Wunder ihm zur Seite stellt,
die er sogleich umschlingt,
bis froh das Herz ihm klingt.
Derjenige, der Wunder scheut
und sich am Gelde nur erfreut,
der Güter häuft und nebenbei
dem Laster frönt samt Völlerei,
den bringt das Wörtchen Tod
umgehend aus dem Lot.
Er klammert sich mit aller Müh'
an seine Schätze, spät bis früh.
Doch wehe, wenn die Stunde schlägt
und Gott auch ihn gen Himmel trägt -
welch bitteres Gefühl
beim Einflug in das Ziel.
Dass alles nur geborgen war,
wird ihm nur ganz allmählich klar.
Derjenige, der 's stets gewusst,
dem schlägt das Glück in seiner Brust,
dem war 's ein schöner Schein,
der schläft zufrieden ein ...
© Bettina Lichtner