Mittwoch, 28. März 2018
Kein bleibender Gewinn
Für Gott und die Ewigkeit, für eine überirdische, glückliche Welt ist der Mensch geschaffen. Als Erdenbürger soll er durch möglichst größte Vervollkommnung seiner selbst, durch Veredlung seines Geistes und Herzens, durch Heiligkeit in einer Gesinnungs- und Handlungsweise das unvergängliche Erbteil des Himmels erringen. Auf die ewigen und unwandelbaren Güter soll er hienieden sein Hauptaugenmerk richten und sich unaufhörlich mit ihrem Erwerb beschäftigen. Christus ruft uns zu: "Suchet vor allem das Reich Gottes und Seine Gerechtigkeit." Und der Apostel Paulus wiederholt den Ruf des Erlösers und spricht: "Suchet, was da oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Trachtet nach dem Himmlischen und nicht nach dem Irdischen." Aber wie verkehrt ist nicht oft das Tun und Treiben der Menschen! Mancher lässt gerade dasjenige außer Acht, was am meisten für ihn not tut --- nämlich die pflichtmäßige Sorge für seinen Geist. Mancher schließt sich so fest an diese Erde an, als sollte er ewig auf ihr bleiben, lebt nur der Welt und der Eitelkeit, der Sünde und Torheit. Und was bleibt ihm am Ende dafür? Ach! Nichts als Traurigkeit und Elend und Unruhe und Geistesleerheit. Darüber spricht vor beinahe dreitausend Jahren der weise König Salomo diese schönen Worte: "Ich übernahm große Werke, baute Paläste und pflanzte Weinberge, ich legte Gärten und Lustgärten an und besetzte sie mit Obstbäumen aller Art, ließ Teiche graben, um daraus die grünenden Lustwälder zu wässern; ich hatte Knechte und Mägde und besaß zahlreiche Herden von großem und kleinem Vieh, als alle, die vor mir zu Jerusalem wohnten; ich häufte Silber und Gold, und die Schätze der Könige und der Länder, schaffte mir Sänger und Sängerinnen an und hatte alles, was Menschen ergötzt. Ich übertraf an Größe und Reichtum alle meine Vorfahren zu Jerusalem. Nichts, was meine Augen wünschten, verweigerte ich ihnen, versagte meinem Herzen keine Freude. Da ich aber ansah alle jene Werke, siehe, da war alles eitel und nichtig. Unter der Sonne gibt es keinen bleibenden Gewinn." (Pred. 2, 4-11)
Nur in Gott und für Gott leben und nach Maßgabe seiner Kräfte für die Ewigkeit wirken, nur das bringt Friede und Freude, Ruhe und Seligkeit; Entfernung von Gott und der Tugend stürzt in namenloses Unheil. Der gelehrte Kirchenvater Augustinus, welcher lange in trauriger Verwirrung der eitlen Lust gefrönt, hernach aber mit wahrer Herzensreue sich wieder zum Herrn bekehrt hat, spricht in seinen Bekenntnissen mit Wehmut: "Ich wich ab von dir, mein Gott, und irrte und entfernte mich sehr weit von dir in meiner Jugend und ward mir selbst zu einem Lande bitterer Not. Oh, der verkehrten Irrwege! Weh der verwegenen Seele, die da hofft, dass sie, von dir sich entfernend, Besseres erfassen werde! Wie sie auch sich wende und kehre, rückwärts, seitwärts und vorwärts, alles ist Mühsal und Beschwerde. Nur du allein bist Ruhe."
(c) Dr. Fr. Leitner, Generalvikar, geschrieben 1906