Sonntag, 2. Juli 2017

Droben - der Stern


Der Tod, der Tod, er gibt die Tiefe und Weihe! Verachte ihn nicht, den treuen Gottesknecht. Wenn er bei dir zu Gaste kommt, holt dir dein liebes Kind, deinen liebsten Gemahl - ach, zürne ihm nicht, der dich nur weihen will, - und mit dem Toten macht er 's gut. Du starrst hinab in eine unermessliche Tiefe des Grams, aber am Grunde entdeckst du den heiligen Anblick: Gott in seiner Urmacht über alle Geburt. Leg dich nur voll Vertrauen der Urmacht in die Hände, lass ihren Willen weise walten. Der Gott, der da zu töten scheint, der tötet nicht: er trägt nur hinüber. Dich aber wollte er weihen, dich vertiefen, dass alles abfällt, was nicht vor seinen einfach-großen Anblick ernst bestehen kann. Der Tod ist nur die höchste Verwandlung seiner Liebeskraft. Gott nimmt so gerne die Maske Tod vors Gesicht, wenn er uns weihen will. Auch hinter der Maske Tod lebt Gottes Liebe. Stehe auf, Mensch, der hingesunken ist vor Gram. Den sein Geweine niederbeugte: stehe auf! Und stehe auf als einer, der geadelt ist, vertieft, geweiht vom Tode. Tod-Edler, stehe auf, und preise die Liebe!

Drunten die Gräber
und droben - der Stern.


(c) Pfarrer Karl Josef Friedrich (1888-1965)