Montag, 4. Februar 2019

Ach, dein Nahesein ...



"Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." (Matthäus 28, 20)


Ach, mein Herr Jesu, dein Nahesein!

Wenn wir das doch beherzigen wollten! Wenn wir doch Ernst machen möchten mit dieser Verheißung unseres Herrn und die Kräfte in uns aufnehmen wollten, die darin liegen!

Aber es gibt so viele, die immer nur rückwärts schauen nach Golgatha, wo der Heiland für uns starb und die ewige Gerechtigkeit uns erworben hat. Sie vergessen ganz, dass wir in dem Herrn nicht nur unsere Gerechtigkeit, sondern auch unsere Stärke haben sollen. Und andere wieder denken nur an die Stunde in der Ewigkeit, wo Jesus sie im Gericht mit seiner Gnade decken und schützen wird. Sie haben beide ganz recht. Jesus Christus war gestern und er wird in Ewigkeit sein. Aber sie vergessen ganz, dass er auch heute ist.

Nicht nur rückwärts nach Golgatha und nicht nur vorwärts zur Ewigkeit dürfen wir blicken, sondern vor allem sollen wir Auge und Herz zu dem Himmelfahrtsberge richten, auf dem uns der Herr die Zusicherung gibt: Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Siehe! Wenn wir nur die Augen aufmachen wollten, könnten und müssten wir den lebendigen Heiland sehen, der auch in den Stürmen dieser Zeit durch unsere Reihen geht, die Trauernden tröstend, die Schwachen aufrichtend, die Sterbenden segnend.

Tu doch nur die Augen auf, dann siehst du ihn, wie er dir zur Seite steht. Auch in der Einsamkeit bist du nicht allein. Auch wenn du teure Menschenhände loslassen musst, er bleibt bei dir, in jeder Lage, an jedem Tage, im Dunkel der Nacht, in Herzensangst und in Todesnöten. Und weil wir ihn haben, gibt es kein ungetröstetes Elend mehr.

Ob wir auch wandern im finstern Tal, Herr, du bist bei uns. Dein Stecken und Stab trösten uns. Aber wir sind oft so verzagt, weil wir dich nicht sehen. Ach, öffne uns die Augen. Rühre uns das Herz an. Sprich zu unserer Seele. Herr, dass wir dich sehen mögen. Amen.


(c) Dr. Paul Conrad, 1865-1927