Dienstag, 11. Oktober 2016
Der eigentliche Reichtum
"Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost." (Jeremia 15)
"Auch wenn Christenmenschen sich um eine Totenbahre versammeln, stehen sie genauso wie die anderen unter dem erschütternden Ernst des Todes und leiden unter der Vergänglichkeit all unseres irdischen Lebens. Wenn ein Mensch für immer die Augen schließt, geht es nicht ab ohne jenes tiefe Weh, das uns allemal befällt, wenn Herz von Herzen geht und Leben von Leben und Liebe von Liebe. Und doch wollen wir nicht nur vom Leid reden, das uns alle betroffen hat. Es wird ja nicht dadurch behoben, dass man viele Worte darüber macht. Aber vom Trost lasst uns miteinander reden und hören; denn des Trostes bedürfen wir im Angesicht des Todes. Wo finden wir ihn? Da wissen und erfahren wir es freilich, wie wenig wir solchen Trost inmitten dieser Welt und auch in allen noch so gut gemeinten Worten menschlicher Teilnahme finden können. Die Welt um uns steht in völliger Ratlosigkeit dem schauerlichen Rätsel des Todes gegenüber. Aber die Gemeinde Jesu Christi hat den Trost mitten in aller Trostlosigkeit dieser Welt, weil sie einen heimlichen und doch lebendig gegenwärtigen Herrn und König hat. Dieser Herr Jesus Christus, er ist unser Trost, unsere Kraft und unsere Hoffnung im Leben und im Sterben - er ganz allein. Ihn loben und preisen wir auch an diesem Sarge und bezeugen es: "Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost." Das eigentlich Wesentliche, was wir als Christenmenschen an diesem Sarge zu sagen und zu bezeugen haben, das auch über die Grenzen des Todes und Grabes für uns alle Bedeutung und Wichtigkeit haben sollte, wäre dies: Dass es hier einem Menschen, auch durch viele schwere und notvolle Erfahrungen seines Lebens, geschenkt ist, sein Leben eben nicht letztlich zu gründen auf die kleinen oder großen Werke und Taten, auf Erfolge oder Misserfolge unseres menschlich vergänglichen Lebens, sondern dass er es gelernt hat, was das eigentlich ist und heißt und bedeutet: als ein Mensch Gottes inmitten dieser Welt zu stehen und zu leben und aus solcher Haltung heraus es dankbar zu bekennen: "Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost." Christus steht uns bei mit seiner Gnade, mit seiner Kraft und mit seinem Trost. Wo aber Christus, der Herr des Lebens, mit dabei ist, und wir im Glauben an ihn unsere leeren Hände zu Gott ausstrecken, um uns von ihm beschenken zu lassen und von nichts anderem als von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes leben, da ist dann solche Armut vor Gott der letzte und eigentliche Reichtum, unser Trost und Halt im Leben und im Sterben."
Was wir bergen in den Särgen
ist der Erde Kleid.
Was wir lieben, ist geblieben,
bleibt in Ewigkeit.
(Pastor Büchsel, Traueransprache 1958)