Montag, 31. Oktober 2016

Geistliches Lied (J. S. Bach)


Ein Engel?



Alles liegt mit dir begraben,
was zu Lebzeit uns erfreut:
Träume träumen, Ziele haben,
und die Unbefangenheit,

und die unbeschwerten Stunden,
jedes Lachen, jeder Kuss,
auch der Plan vom Weltumrunden,
ach ... mit alledem ist Schluss.

Alles liegt nun in der Erde,
und das Gras wächst drüber weg.
Ob ich 's je begreifen werde?
Hat der Tod denn einen Zweck?

Buddeln will ich, dich zu holen
aus dem schwarzen, dunklen Sand.
Hätt' dich gern dem Tod gestohlen, 
skrupellos, mit bloßer Hand.

Sind ja bloß zwei kurze Meter,
die dich trennen von der Welt.
Jemand flüstert: "Werd' ein Beter!
Akzeptier', was dir missfällt.

Sieh dich um: an jeder Stätte
standen Menschen so wie du,
die da flehten: 'Gott, ach hätte
es ein End' mit dieser Ruh'.

Aber: alle müssen gehen,
denke mal darüber nach."
Ich versuchte, den zu sehen,
der so mahnend zu mir sprach.

Doch auf all den Friedhofswegen
war kein Mensch, der ging, noch stand.
Nirgendwo war wer zugegen!
War 's ein Engel? Gottgesandt?

Eine Botschaft, mich zu trösten?
Ach, da wurd' das Herz mir still.
Unter Tränen, die sich lösten,
sprach ich leis': "Wie Gott es will ..."



(c) Bettina Lichtner

Sonntag, 30. Oktober 2016

Dort oben


Geliebte Seele, komm' doch bitte
zu unsrem Trost in unsre Mitte
und lass dich bei uns nieder.
Begleite unsre schwachen Schritte,
erwärme unsre kalte Hütte,
belebe unsre Glieder.

Seit deinem Tode will das Leben
nicht Freude uns noch Lachen geben.
Zu jeglicher Sekunde
will sich ein Meer von Fragen heben,
die hartnäckig am Herzen kleben,
mit dem WARUM im Bunde.

Doch, ach, was nützen all die Fragen?
Wer mag uns schon die Antwort sagen?
Wer kann den Sinn durchschauen?
Wir müssen demütig ertragen,
und irgendwann zu hoffen wagen,
dass Schmerzen Wege bauen.

Dass Neues wächst aus allem Leiden,
nicht glänzend mehr, vielmehr bescheiden,
das möge Gott uns schenken.
Sein Wort soll uns mit Mut bekleiden,
dran soll sich unsre Seele weiden
und nimmer trostlos denken.

Es muss und wird ja weitergehen!
Wenn wir auch nicht den Sinn verstehen,
es bleibet Gottes Handeln!
Im Himmel gibt 's ein Wiedersehen.
Dort oben, in den blauen Höhen 
wird aller Schmerz sich wandeln.


(c) Bettina Lichtner




Samstag, 29. Oktober 2016

Ciao



Was soll ich tun? Ich armer Wicht ...
Ich will 's verstehn, doch kann es nicht.
Auf das Warum kein Lösungswort.
Der Tod kommt rasch und reißt hinfort.

Man steht geschockt und fühlt sich leer.
Begreift auf einmal gar nichts mehr,
und fühlt sich unendlich allein,
von Gott verlassen und so klein.

Um mich herum klingt alles dumpf.
Ich sinke tief in einen Sumpf,
der voller Leid und Schmerzen ist,
und Schritt für Schritt mein Herz zerfrisst.

Mir ist 's, als sei 's ein böser Traum!
Man tröstet mich - ich merk es kaum.
Ihr Beileid ist ja gut gemeint,
auch wenn 's so unwirklich erscheint.

Noch gestern war die Welt so schön!
Ich seh' uns durch die Straßen gehn
und unbefangen glücklich sein.
Und Stunden später? Nein, o nein ...

So grausam schlug das Schicksal zu!
Wie unerträglich ist die Ruh',
die jetzt in deinem Zimmer haust.
Ach, wie mir vor der Zukunft graust ...

Noch eben, eben warst du hier!
Dann sagst du Ciao und gehst zur Tür,
gehst raus wie eh mit frohem Blick,
und kommst nun nimmermehr zurück.

"Du, Zeit, du große Heilerin,
weißt du, wie gramgebeugt ich bin?
An mir hast du ein schweres Werk!
So riesig ist der Trauerberg ...."


(c) Bettina Lichtner

Freitag, 28. Oktober 2016

Lass dich retten!


Stramm marschiert das Heer des Leids
Tag und Nacht mir durchs Gemüt.
Welch ein Los, ach, welch ein Kreuz
ist 's, das mich zugrunde zieht.

Schwer ist es .... wie tausend Fässer.
Und es drückt mich gar so tief.
"HERR, so mach die Zeiten besser!"
Wie mein Herz um Hilfe rief ...

Das Erinnern bringt mir Qualen.
Das Erinnern bringt mir Freud'.
Schwankende Gedanken malen
mir ein Bild der Einsamkeit ...

Einsam heut' und einsam morgen.
Gestern noch im trauten Glück.
Plötzlich unbekannte Sorgen,
und ein weher Blick zurück.

Alles hätt' ich geben wollen,
flöss' der Honig wieder süß ...
Doch der Stein kommt nicht ins Rollen.
Er liegt eisern vorm Verließ.

Und ich hocke stumm darinnen,
ohne Nahrung, ohne Licht.
"Möchtest du nicht neu beginnen?",
hör' ich Gott, der zu mir spricht.

Ach, da ist der Stein verschwunden,
und die Sonne trat herein,
und die großen Seelenwunden
wurden kleiner noch als klein.

"Komm, mein Kind, so lass dich retten
aus dem Tal der Traurigkeit.
Ich will dich in Hoffnung betten.
Komm. Vertrau. Du bist befreit.

Weine nicht um deinen Lieben!
Sieh, er ist in meiner Hand.
Auch dein Name steht geschrieben
in dem Regenbogenland,

wo ich einstmals euch vereine,
dessen darfst du sicher sein.
Nimmer lass ich dich alleine:
ich bin dein, und du bist mein."

Trauer' nicht. Ergreif das Leben!
"einsam" ist ein fremdes Wort.
Lass dir meinen Frieden geben!
Komm an meinen Zufluchtsort!

Ich bin da, dich still zu trösten!",
sprach der Herrgott sacht und süß.
Und als sich die Fesseln lösten,
da verschwand auch das Verließ.

Du bist tot, doch Gottes Güte
reißt uns nie und nie entzwei.
ER, vor dessen Kreuz ich kniete,
macht ja alles, ALLES neu.


(c) Bettina Lichtner

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Eingerahmtes Schweigen



Eine nie gekannte Leere
breitet sich im Herzen aus.
Eine ach so bleiern schwere
Traurigkeit erfüllt das Haus.

An den Wänden hängt das Schweigen,
eingerahmt im Passepartout.
Muss mich Gottes Willen beugen!
ER deckt uns mit Erde zu!

Deckt uns zu, ohn' uns zu fragen,
ob 's uns heute schon beliebt.
ER bringt Leid und hilft es tragen.
"HILF, O HERR, ICH BIN BETRÜBT!"

Wie du lächelst in den Bildern.
So, als machtest du mir Mut!
Möchtest mir die Schmerzen mildern.
Wäre es doch wieder gut ...

Wärest du zurück auf Erden,
fühlt' ich keine Leere mehr.
's wird nicht mehr wie früher werden.
"Hilf mir, Gott, ich trag' so schwer ...."


(c) Bettina Lichtner



Ein stetes Hinschwinden


"Welche Schauspiele bietet die Erde! Welchen Jammer bringt sie den tiefempfindenden Menschen! Und an der Erde sollten unsere Blicke haften bleiben?
O über die Nichtigkeit des menschlichen Daseins! Man kommt auf die Welt, und das Leben in ihr ist ein stetes Hinschwinden des Lebens! Eine Flamme, die im Winde zittert, die ein Hauch ausblasen kann!
Warum schaudert man, warum freut man sich nicht lieber des Todes? 
Wir scheiden ja nur von der Erde! Wir leben fort und tauschen für das mangelvolle Dasein ein besseres ein. An diesem Glauben halte ich fest im Angesicht des Todes!
Und dieser Glaube ist Wahrheit. Wir werden in das irdische Dasein nur geboren, um den Anfang zu machen eines Lebens, das ewig währt. Wir sind, sind selber, und wie wir sein wollen, werden wir sein.
Ein Wunder ist schon dieses Leben. Das fühlt man nicht im Glück und in der Gesundheit, wo man 's hinnimmt und meint, es müsste so sein.
Wem danken wir es?
Wem anders als dem Einen, der alles ist? Von dem Ewigseienden haben wir das Sein.
Und dieses Sein ist ewig, weil es von dem Ewigen kommt. Es ist ewig, weil er es gewollt hat und werden ließ und ewig will.
Alles, was entsteht, ist wert, das es zugrunde geht, sagt der böse Geist (im Faust) mit Recht. Aber was der Unentstandene zum Leben berufen hat und ewig lebend haben will, um sich daran zu freuen, das vergeht nicht."

© Melchior Meyr (1810-1871)

Montag, 24. Oktober 2016

Gelobt seist du!



Herr, nahe dich, hilf uns die Last ertragen!
Die Wunde schmerzt, du hast uns sehr geschlagen.
Verstummen soll das Fragen und das Klagen;
bring du uns durch!

Du willst ja das Verwundete verbinden,
du hilfst uns auch das Schwerste überwinden
und auch im Dunklen deinen Ruhm verkünden,
bis dass es tagt!

Wir liegen vor dir mit zerbrochnen Herzen,
du kennst die Seelenangst, du fühlst die Schmerzen;
lass hell erbrennen unseres Glaubens Kerzen
und richt' uns auf!

Wir wollen dir auch jetzt die Ehre geben,
wir weihen dir aufs neue unser Leben,
ob auch die Tränen fließen, Lippen beben -
gelobt seist du!


(Eva von Tiele-Winckler)

So hat es dir gefallen, o Gott ...


"O du heiliger und gerechter Gott! So hat es dir gefallen, diesen vor unseren Augen liegenden Verstorbenen durch den zeitlichen Tod von hinnen abzufordern. Ach, lass uns an diesem Tode lernen, dass wir auch einmal also sterben und die Welt verlassen müssen, damit wir uns in Zeiten durch Buße, lebendigen Glauben und Vermeidung der Eitelkeiten und Sünden der Welt dazu bereiten mögen. Erfreue die nunmehr abgeschiedene Seele mit himmlischem Trost und Freude, und erfülle an ihr alle Gnadenverheißungen, die du deinen Gläubigen in deinem heiligen Wort getan; dem Leibe gönne in der Erde eine sanfte und süße Ruhe, bis an den lieben jüngsten Tag, da du alsdann Leib und Seele wiederum vereinigen und zu der Herrlichkeit einführen wirst, damit der ganze Mensch, der hier gedienet, dort möge mit himmlischer Freude erfüllet werden. Tröste auch die durch diesen Tod Betrübten, und sei und bleibe der Hinterlassenen Vater, Versorger, Pfleger, Helfer und Beistand. Verlass sie nicht, und tue nicht von ihnen die Hand ab, sondern lass sie deiner Güte, Gnade, Liebe und Hilfe reichlich genießen, bis du sie auch wirst dermaleinst fröhlich und selig sterben lassen. Ach! Erhöre uns um deiner Barmherzigkeit willen. Amen."

(Johann Friedrich Stark, 1680-1756)

Sonntag, 23. Oktober 2016

Lieben & Leiden



Das Leiden ist vom Lieben
auf Erden nicht zu trennen.
Willst du das Lieben üben,
lernst du das Leiden kennen.
Willst du das Leiden meiden,
so wird die Lieb' vergehen.
Das Lieben und das Leiden
muss hier zusammenstehen. 

(Eva von Tiele-Winckler)

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Die Todesfurcht


"Für den Menschen, wie er von Natur ist, gibt es keine furchtbareren Gedanken, als die an den Tod. Mit denen will er sich auch am wenigsten ernstlich einlassen. Wenn jemand vor dem Perserkönig Xerres (gest. 465 v. Chr.) vom Tode redete, sagte er: "Lass das traurige Geschwätz vom Tode fahren." König Ludwig XI. von Frankreich (gest. 1483) soll seinen Dienern bei Strafe verboten haben, in seiner Gegenwart den Tod zu nennen. In China geht es gegen den guten Ton, in einer Gesellschaft vom Tode zu reden. Die Natur flieht und bebt vor dem Tode; es ist ihr, als ob er schneller herbeikomme, wenn sie nur viel und ernstlich an ihn denkt. Ein bloßer Schmerz, der eine Zeitlang den Kopf einnimmt, ein paar Grad Hitze mehr im Schlag der Adern, eine ansteckende Krankheit in der Nähe macht schon unruhig, ängstlich, schwermütig. Die Furcht vor dem Tode ist weit größer, als die Menschen einander gestehen.
Die Todesfurcht ist in jedem Menschen, der noch ein Gewissen hat, der die Heiligkeit Gottes und die Unheiligkeit seines eigenen Herzens und Lebens kennt. Wer da nun das Wort erwägt: "Den Menschen ist gesetzt einmal zu sterben, darnach aber das Gericht" (Hebr. 9, 27) - dem muss es ebenso zumute werden, wie dem Hiskia, der, als nur noch eine Haarbreit zwischen ihm und dem Tode war, "winselte wie ein Kranich - und girrte wie eine Taube" (Jes. 38, 14).  Wär' der Mensch kein Sünder, sagte ihm das Gewissen und das Gesetz nicht, dass das Gericht des heiligen Gottes auf ihn warte, dann wüsste er nichts von der Todesfurcht. "Der Stachel des Todes ist die Sünde." (1. Kor. 15, 56). Die Todesfurcht ist ein nicht kleiner Beweis gegen den Unglauben, der frech sagt: "mit dem Tode ist 's aus, es gibt keinen Himmel und keine Hölle." Steht hinter dem Tode kein Gericht, sondern ein leeres Nichts, dann ist die Todesfurcht lächerlich; vor einem bloßen Nichts braucht man sich ja nicht zu fürchten. Die Todesfurcht ist eine Regung des Gewissens. Das sagt dir: "mit dem Tode geht 's nicht aus, sondern erst recht an, auf den Tod folgt das Gericht." Die Todesfurcht ist eines von den Zuchtmitteln der Gnade Gottes, auch einer von den "bitteren Pfeilen aus Seiner süßen Hand". Den bitteren Pfeil drückt Er den Menschenkindern dazu ins Herz, dass es zu der Klage und Frage bei ihnen komme: "Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes?" (Röm. 7, 24).
So hat Gott selbst in die Todesfurcht noch einen Segen gelegt. Aber gar viele bringen sich auch um diesen Segen. Die einen suchen den Tod zu vergessen. Machen 's diese weiser, als jener Vogel in der Wüste, der den Kopf in den Sand steckt, wenn er sich von Jägern umzingelt sieht, in der Meinung, wenn er die Jäger nicht sähe, dann sähen sie ihn auch nicht? Ob du auch den Tod vergissest, der Tod vergisst dich nicht. Andere suchen die ernste Gestalt des Todes mit einem schönen Schleier zu verdecken und ihm ein anziehenderes Aussehen zu geben. Statt Tod oder Sterben brauchen sie mildere Ausdrücke wie: aus der Welt gehen, das letzte Schicksal leiden. Den Schreckenskönig suchen sie sich dadurch weniger schrecklich zu machen, dass sie ihm andere Namen geben, oder ihn unter schönen, aber unwahren Bildern darstellen: als den Erlöser von allen Leiden und als den Bringer besserer Tage. Aber das ist der Tod durchaus nicht für alle Menschen, sondern nur für die begnadeten Gotteskinder. Durch den Schleier, den die Menschen dem Tode umhängen, suchen sie sich in eine Herzhaftigkeit hineinzureden: hinter ihr steht aber ein zitterndes Herz. Wieder andere suchen sich von der Todesfurcht dadurch los zu machen, dass sie ihr Gewissen abstumpfen, dass sie die innere Stimme, die ihnen in stiller Stunde bezeugt: "auf den Tod folgt das Gericht", im Geräusch der mannigfachen Zerstreuungen des Erdenlebens übertäuben und totschlagen. Das ist der Weg zu der schrecklichen Unempfindlichkeit - zu der Verstockung, wie sie an jenem unbußfertigen Schächer zur Linken des Herrn offenbar geworden.
O liebe Seele, spiele nicht mit dem Furchtbarsten, was es in der Welt gibt! Geh' von der Geschäftsjagd und Vergnügungssucht in dich selbst, denk' fleißig nach über Tod, Gericht und Ewigkeit, mach dich nicht durch falsche Mittel von der Todesfurcht los, sondern suche die rechte Hilfe wider den Tod!"

(Heinrich Guth, 1829-1889)

Dienstag, 18. Oktober 2016

Stunde der Neubelebung


Die Schmetterlingsraupe versinnbildlicht das an die Erde gebundene Dasein des natürlichen Menschen. Sie ist mit ihrer Daseinsform anscheinend zufrieden, und doch bewegt sie sich in den niederen Grenzen irdischer Gebundenheit. Zu irgendeiner Zeit kommt über die Raupe instinktmäßig der Trieb, diesem Dasein abzusterben. Sie zieht sich aus dem Feld ihres Genusses und ihrer Tätigkeit zurück, sondert sich ab und macht in dem Gefängnis ihrer engen Puppe einen Sterbensprozess durch, bis schließlich die Stunde der Befreiung und Neubelebung schlägt und nach einer Art Todesangst der Verzweiflung der Schmetterling durch den engen Mund der Puppe bricht, um sich in ungeahnter Freude und Wonne im Sonnenlicht zu wiegen. Der Schmetterling würde das Verlassen seiner engen Hülle nicht Sterben nennen. So wird auch für die Menschen, die aus dem Leben Christi ihr Leben empfingen, das Verlassen des Leibes nur der Eintritt in eine höhere Lebens- und Daseinsform.

(Diakonisse Eva von Tiele-Winckler, 1866-1930)

Sonntag, 16. Oktober 2016

Geistlicher Liedtext



Sei still, mein Herz, und zage nicht,
der Erde Leid wird enden;
es kommt ein Morgen schön und licht,
und alles wird sich wenden.

Sei still, die reiche Tränensaat
hat Gott, der Herr, gesehen.
Sie wird nach seinem weisen Rat
zur Freude dir erstehen.

O Herz, wenn in der Trübsalszeit
dir Schwerstes zugemessen,
sei still, im Schoß der Ewigkeit
ist alles Leid vergessen ...


(nach Heinz Wigman, 1904-1983; von Gustav Mankel 1907-1987; Hermann Ober, geb. 1926)

Samstag, 15. Oktober 2016

Die Fußspur


"Das Grab ist nicht tief, es ist die Fußspur eines Engels, der uns sucht."

(J. Paul)

Entweder ... oder


Der Mensch ist zur Humanität bestimmt. Entweder wissen wir nichts von unserer Bestimmung und die Gottheit täuschte uns mit allen Anlagen, oder wir können dieses Zweckes so sicher sein als Gottes und unseres Daseins. Und wie selten wird dieser menschliche Zweck hier erreicht! In der Natur stimmt alles mit sich überein, der Mensch allein ist im Widerspruche mit sich und mit der Erde. Entweder irrte also der Schöpfer mit dem Ziele, das er uns vorsteckte, und mit der Organisation, die er zur Erreichung desselben so künstlich zusammengeleitet hat, oder dieser Zweck geht über unser Dasein hinaus, und die Erde ist nur ein Übungsplatz, eine Vorbereitungsstätte.

(Johann Gottfried Herder, 1744-1803))


Mittwoch, 12. Oktober 2016

Soli deo Gloria!


Jeden Faden, den ich drehe,
jeden Fußtritt, den ich gehe,
jede Scholle, die ich grabe,
jede Arbeit, die ich habe,
alles meinem Gott zu Ehren,
hier und dort Sein Lob zu mehren.
Soli deo Gloria!

Alle Lasten, die ich trage,
alle Worte, die ich sage,
alle Werke, die ich tue,
alle Stunden, die ich ruhe,
alles meinem Gott zu Ehren,
hier und dort Sein Lob zu mehren.
Soli deo Gloria!

Jedes Tröpflein Blut im Herzen,
jede heiße Glut der Schmerzen,
jede lichte Freudenstunde,
jede bitt're Leidenswunde,
alles meinem Gott zu Ehren,
hier und dort Sein Lob zu mehren.
Soli deo Gloria!

Jede Speis', die ich genieße,
wenn ich andre freundlich grüße,
wenn ich nur ein Blümlein pflücke,
mich um einen Strohhalm bücke,
alles meinem Gott zu Ehren,
hier und dort Sein Lob zu  mehren.
Soli deo Gloria!

Alles, vom Geringsten, Kleinsten,
bis zum Höchsten, Größten, Reinsten,
mag 's die ganze Welt erbauen,
mag 's nur still ein Engel schauen,
alles meinem Gott zu Ehren,
hier und dort Sein Lob zu mehren.
Soli deo Gloria!

Einst an meinem letzten Ende,
wenn mein brechend Aug' ich wende
hin zum Kreuz, den Trost genieße
und dann still mein Leben schließe,
alles meinem Gott zu Ehren,
hier und dort Sein Lob und mehren.
Soli deo Gloria!


(unbekannt)

Dienstag, 11. Oktober 2016

Der eigentliche Reichtum


"Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost." (Jeremia 15)

"Auch wenn Christenmenschen sich um eine Totenbahre versammeln, stehen sie genauso wie die anderen unter dem erschütternden Ernst des Todes und leiden unter der Vergänglichkeit all unseres irdischen Lebens. Wenn ein Mensch für immer die Augen schließt, geht es nicht ab ohne jenes tiefe Weh, das uns allemal befällt, wenn Herz von Herzen geht und Leben von Leben und Liebe von Liebe. Und doch wollen wir nicht nur vom Leid reden, das uns alle betroffen hat. Es wird ja nicht dadurch behoben, dass man viele Worte darüber macht. Aber vom Trost lasst uns miteinander reden und hören; denn des Trostes bedürfen wir im Angesicht des Todes. Wo finden wir ihn? Da wissen und erfahren wir es freilich, wie wenig wir solchen Trost inmitten dieser Welt und auch in allen noch so gut gemeinten Worten menschlicher Teilnahme finden können. Die Welt um uns steht in völliger Ratlosigkeit dem schauerlichen Rätsel des Todes gegenüber. Aber die Gemeinde Jesu Christi hat den Trost mitten in aller Trostlosigkeit dieser Welt, weil sie einen heimlichen und doch lebendig gegenwärtigen Herrn und König hat. Dieser Herr Jesus Christus, er ist unser Trost, unsere Kraft und unsere Hoffnung im Leben und im Sterben - er ganz allein. Ihn loben und preisen wir auch an diesem Sarge und bezeugen es: "Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost." Das eigentlich Wesentliche, was wir als Christenmenschen an diesem Sarge zu sagen und zu bezeugen haben, das auch über die Grenzen des Todes und Grabes für uns alle Bedeutung und Wichtigkeit haben sollte, wäre dies: Dass es hier einem Menschen, auch durch viele schwere und notvolle Erfahrungen seines Lebens, geschenkt ist, sein Leben eben nicht letztlich zu gründen auf die kleinen oder großen Werke und Taten, auf Erfolge oder Misserfolge unseres menschlich vergänglichen Lebens, sondern dass er es gelernt hat, was das eigentlich ist und heißt und bedeutet: als ein Mensch Gottes inmitten dieser Welt zu stehen und zu leben und aus solcher Haltung heraus es dankbar zu bekennen: "Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost." Christus steht uns bei mit seiner Gnade, mit seiner Kraft und mit seinem Trost. Wo aber Christus, der Herr des Lebens, mit dabei ist, und wir im Glauben an ihn unsere leeren Hände zu Gott ausstrecken, um uns von ihm beschenken zu lassen und von nichts anderem als von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes leben, da ist dann solche Armut vor Gott der letzte und eigentliche Reichtum, unser Trost und Halt im Leben und im Sterben."

Was wir bergen in den Särgen
ist der Erde Kleid.
Was wir lieben, ist geblieben,
bleibt in Ewigkeit.


(Pastor Büchsel, Traueransprache 1958)

Montag, 10. Oktober 2016

Nur Gnade ist 's ...


Einst sing ich nicht mehr, wie ich sang;
die Saite springt, es naht die Nacht.
Doch sel'ge Lust, es währt nicht lang,
dann bin beim König ich erwacht.
Dann rühm' ich: Herr, du hast 's vollbracht!
Nur Gnade ist 's, die selig macht!

Einst wankt mein Leib hier und zerfällt.
Ich weiß nicht Ort, ich weiß nicht Zeit.
Doch ist 's gewiss, mein Jesus hält
schon Wohnung droben mir bereit.

Ja einst, vielleicht im Abendschein,
wird sanft der Ruf an mich ergehn:
Komm, Kindlein, stell die Arbeit ein,
du darfst jetzt ruhn und Jesus sehn!

Ja einst; bis dahin wart' ich still,
die Lampe brennt, und unverweilt,
wenn mir mein König auftun will,
die Seele jubelnd zu ihm eilt.
Dann rühm' ich: Herr, du hast 's vollbracht!
Nur Gnade ist 's, die selig macht!


(unbekannt)

Freitag, 7. Oktober 2016

Wir sterben. Wir sind unsterblich.


Sokrates glaubte mit Zuversicht an die Unsterblichkeit. Nach seiner Lehre ist die Seele notwendig unsterblich, weil die sittliche, denkende und wollende Persönlichkeit nicht aus der immer wechselnden Natur erklärt werden kann. In diesem Leben ist zwar die Erkenntnis der Seele schwach, denn sie wird beständig von dem Leibe, mit dem sie eng verbunden ist, zur Erde herabgezogen und kann das volle göttliche Licht gar nicht ertragen. "Wenn wir aber einst frei von den Fesseln dieser Hülle emporschweben, dann werden wir das Licht und die Wahrheit selbst schauen, und das gegenwärtige Leben wird uns in der Erinnerung als ein dunkler Zustand erscheinen, in welchen wieder zurückzukehren wir nicht wünschen werden."         
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                              In jeder Stunde sterben wir,
                              in jeder Stunde reisen wir.

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                                                                                ________________________________