Mein Kind, das früh geschieden,
goldlockig, hold und klein,
oft nahst du jetzt der Müden,
längst sank dein Hügel ein.
Nie hab' ich dich vergessen.
Die andern wurden groß,
du aber unterdessen
bliebst klein auf meinem Schoß.
Oft unter Sturm und Schmerzen
im heißen Mittagslicht,
verblich in meinem Herzen
dein süßes Angesicht.
Doch jetzt beim Abendfrieden
wie neu erwacht eilst du,
mein Kind, das früh geschieden,
der Mutter wieder zu.
Wie selig sind wir beide!
Ich fühl' dein Ärmchen rund,
der Locken blonde Seide,
den lieben, kleinen Mund.
"Sie ließen dich alleine,
mein armes Mütterlein,
ich aber, deine Kleine,
ich will nun bei dir sein."
Auf deinem Grab die Rosen
schaukeln im Abendwind,
indes wir heimlich kosen,
mein süßes, totes Kind.
(c) Pauline Schanz (1828-1913)