Mittwoch, 29. Juli 2015
Worte von Joseph Ackermann (1846)
"Eine zärtliche Mutter beweinte Tag und Nacht trostlos den frühzeitigen Tod ihres hoffnungsvollen und tugendhaften Sohnes; allein bei all diesen unnützen Tränen fiel es ihr niemals ein, das zu tun, was ihm geholfen hätte. Indessen seufzte der arme Sohn, der im Fegefeuer schmerzlich litt, bitter über diese so übelverstandene Zärtlichkeit, die ihm mehr schadete als nützte. Es gefiel aber dem allbarmherzigen Gott, sie über diesen Irrtum durch folgende Erscheinung zu belehren: Mitten in ihrer Trauer schien ihr nämlich einst, sie sehe einen Zug von Jünglingen, die sehr fröhlich und raschen Schrittes einer sehr schönen Stadt zugingen. Sie suchte daher mit begierigem Auge unter diesen auch ihren lieben Sohn, und sieh, zuletzt erblickte sie ihn, wie er voll großer Betrübnis, langsamen, schwankenden Schrittes den andern nachfolgte, allein durch ein nasses, schweres Trauerkleid, das er trug, daran gehindert war; und er sprach seufzend zu ihr: "Siehe da, Mutter! Dieses Kleid, das du mit deinen so vielen Tränen benetzest und schwer machest, hindert mich, mit den anderen Schritt zu halten! Lass doch einmal vom Wehklagen ab, und wenn du mich wahrhaft liebst, so befleiße dich, mir mit Gebet, Almosen und anderen guten Werken beizuspringen."
(Joseph Ackermann, 1846)