Mittwoch, 18. Januar 2017

Liedtext von Paul Gerhardt


Ach treuer Gott, barmherzig's Herz,
des Güte sich nicht endet,
ich weiß, dass mir dies Kreuz und Schmerz
dein Vaterherze sendet.
Ja, Herr, ich weiß, dass diese Last
du mir aus Lieb erteilet hast
und gar aus keinem Hasse.

Denn das ist allzeit dein Gebrauch:
wer Kind ist, muss was leiden,
und wen du liebst, den stäupst du auch,
schickst Trauern vor den Freuden;
führst uns zur Hölle, tust uns weh
und führst uns wieder in die Höh',
und so geht eins ums ander.

Das hat, Herr, dein geliebter Sohn
selbst wohl erfahr'n auf Erden,
denn eh er kam zum Ehrenthron,
musst er gekreuzigt werden;
er ging durch Trübsal, Angst und Not,
ja durch den herben, bittern Tod
drang er zur Himmelsfreude.

Hat nun dein Sohn, der fromm und recht,
so willig sich ergeben,
was will ich armer Sündenknecht
dir viel zuwider streben?
Es ist der Spiegel der Geduld,
und wer sich sehnt nach seiner Huld,
der muss ihm ähnlich werden.

Ach liebster Vater, wie so schwer
ist 's der Vernunft, zu gläuben,
dass du demselben, den du sehr
schlägst, solltest günstig bleiben!
Wie macht doch Kreuz so lange Zeit,
wie schwerlich will sich Lieb und Leid
zusammen lassen reimen.

Was ich nicht kann, das gib du mir,
o höchstes Gut der Frommen,
gib, dass mir nicht des Glaubens Zier
durch Trübsal werd entnommen.
Erhalte mich, o starker Hort,
befest'ge mich in deinem Wort,
behüte mich vor Murren!

Bin ich ja schwach, lass deine Treu
mir an die Seite treten,
hilf, dass ich unverdrossen sei
zum Rufen, Seufzen, Beten.
Solang ein Herze hofft und gläubt
und im Gebet beständig bleibt,
solang ist 's unbezwungen.

Ach Jesu, der du worden bist
mein Heil mit deinem Blute,
du weißt gar wohl, was Kreuze ist,
und wie dem sei zumute,
den Kreuz und großes Unglück plagt;
drum wirst du, was mein Herze klagt,
gar gern zu Herzen fassen.

Ich weiß, du wirst in deinem Sinn
mit mir Mitleiden haben,
und mich, wie ich 's jetzt dürftig bin,
mit Gnad' und Hülfe laben.
Ach stärke meine schwache Hand,
ach heil und bring in bessern Stand
das Straucheln meiner Füße!

Sprich meiner Seel' ein Herze zu
und tröste mich aufs Beste,
denn du bist ja der Müden Ruh',
der Schwachen Turm und Feste,
ein Schatten vor der Sonnen Hitz'
ein' Hütte, da ich sicher sitz'
im Sturm und Ungewitter.

Und weil ich ja nach deinem Rat
hier soll ein wenig leiden,
so lass mich auch in deiner Gnad'
als wie ein Schäflein weiden,
dass ich im Glauben die Geduld
und durch Geduld die edle Huld
nach schwerer Prob' erhalte.

O heil'ger Geist, du Freudenöl,
dass Gott vom Himmel schicket,
erfreue mich, gib meiner Seel',
was Mark und Bein erquicket!
Du bist der Geist der Herrlichkeit,
weißt, was für Freud' und Seligkeit
mein in dem Himmel warte.

Daselbst wirst du in ew'ger Lust
aufs Süßte in mir handeln,
mein Kreuz, das dir und mir bewusst,
in Freud' und Ehre wandeln.
Da wird mein Weinen lauter Wein,
mein Ächzen lauter Jauchzen sein.
Das glaub ich, hilf mir! Amen.

(Paul Gerhardt, 1607-1676)