Montag, 26. September 2016

Geistlicher Liedtext aus dem Jahre 1589


Ich hab' mein Sach' Gott heimgestellt,
er mach 's mit mir, wie 's ihm gefällt.
Soll ich allhier noch länger leben
ohn' Widerstreben,
sein'm Willen tu ich mich ergeben.

Mein Zeit und Stund ist' wann Gott will.
Ich schreib' ihm nicht vor Maß noch Ziel.
Es sind gezählt all' Härlein mein,
beid', groß und klein;
fällt keines ohn' den Willen sein.

Es ist allhier ein Jammertal.
Angst, Not und Trübsal überall.
Des Bleibens ist ein' kleine Zeit
voll Müh und Leid,
und wer 's bedenkt, ist stets im Streit.

Es hilft kein Reichtum, Geld noch Gut,
kein Kunst noch Gunst noch stolzer Mut;
fürn Tod kein Kraut gewachsen ist,
mein frommer Christ,
alles, was lebet, sterblich ist.

Heut' sind wir frisch, gesund und stark,
und liegen morgen tot im Sarg.
Heut' blühen wir wie Rosen rot,
bald krank und tot;
ist allenthalben Müh und Not.

Man trägt eins nach dem anderen hin,
wohl aus den Augen, aus dem Sinn;
die Welt vergiftet unser bald,
ob jung, ob alt,
auch unsrer Ehren mannigfalt.

Ach Herrn, lehr' uns bedenken wohl,
dass wir sind sterblich allzumal.
Auch wir allhier kein Bleibens hab,
müssen all davon,
gelehrt, reich, jung, alt oder schön.

Das macht' die Sünd', du treuer Gott,
dadurch ist komm'n der bittre Tod,
der nimmt und frisst all' Menschenkind,
wie er sie find't,
fragt nicht, wes Stands und Ehr' sie sind.

Ich hab' hier wenig guter Tag',
mein täglich Brot ist Müh' und Klag'.
Wann mein Gott will,
so will ich mit
hinfahr'n in Fried';
Tod ist Gewinn und schad't mir nit.

Und ob mich schon mein' Sünd' anficht,
dennoch will ich verzagen nicht;
ich weiß, dass mein getreuer Gott,
für mich in' Tod
sein' liebsten Sohn gegeben hat.

Das ist mein Trost zu aller Zeit
in allem Kreuz und Traurigkeit:
Ich weiß, dass ich am jüngsten Tag
ohn' alle Klag'
werd' auferstehen aus meinem Grab.

Mein' lieben Gott von Angesicht
werd' ich anschau'n, dran zweifl' ich nicht.
In ew'ger Freud 'und Seligkeit,
die mir bereit',
Ihm sei Lob, Preis und  Ewigkeit.

(Johann Leon, 1589; Komposition von Heinrich Schütz)