Sonntag, 29. März 2020

Auf Fels oder Sand?




Wer sein Haus auf den Felsen gebaut hat, das ist, wer in Christus befestigt und bei dem mit seinem Christentum etwas in der Ordnung ist, über den muß bald ein Platzregen, ein Sturmwind, ein Prüfungstag kommen. Wenn nun dieser Windstoß das Haus nicht umwirft, so wird's eben dadurch offenbar, daß das Haus nicht auf einem Sandhügel, sondern auf einem Felsen stehe. Da nun zur Zeit der Trübsal so viel Menschen um- und abfallen, so ist's offenbar und erwiesen, daß das Christentum der meisten Menschen Sandhäuser und Sandgebäude sind.


(c) Martin Boos, 1762-1825

Samstag, 28. März 2020

Der Tod als Freund und Feind



Tod, wie bitter ist der Gedanke an dich
dem Mann, der ruhig lebt mit seiner Habe,
dem Mann, der zufrieden und dem alles gelingt,
und der noch die Kraft besitzt, es zu genießen.

O Tod, wie willkommen ist dein Befehl
einem armen und kraftlosen Menschen,
der sich strauchelnd an allem stößt,
der verstört und ohne Hoffnung ist.

Fürchte dich nicht vor dem Tode, der dir bestimmt.
Bedenke, daß es keinem vor und nach dir anders geht;
denn das ist Gottes Los für alles Fleisch.

Was willst du dich des Höchsten Weisung widersetzen?
Ob das Leben tausend, hundert oder zehn Jahr währte,
in der Unterwelt kann man sich nicht beschweren.


(Sirach, 41, 1-4)

Dienstag, 24. März 2020

Dir sterb ich




Jesu, Dir leb ich;
Jesu, Dir sterb ich;
Jesu, Dein bin ich im Leben und im Tod !

O sei uns gnädig;
Sei uns barmherzig;
Führ uns, o Jesu, in Deine Seligkeit.


(c) Joachim v. Burch, ca. 1587

Von der Betrachtung des Todes



Hienieden wird es bald mit dir vorbei sein; siehe also, wie es um dich steht. Heute noch lebt der Mensch, doch morgen kommt er nicht mehr zum Vorschein. Wie er aber den Augen der Menschen entrückt ist, verschwindet er auch aus ihrem Gedächtnis.
O, wie ist des Menschen Herz so stumpf und verhärtet, daß es nur an das Gegenwärtige denkt, und nicht vielmehr auf das Zukünftige sieht. Du solltest bei all deinem Tun und Denken dich so verhalten, als wenn du gleich sterben müsstest. Bei einem guten Gewissen würdest du den Tod wenig fürchten. Besser wäre es, die Sünden meiden, als den Tod fliehen. Bist du heute nicht darauf vorbereitet, wie solltest du es morgen sein? Morgen ist ein ungewisser Tag, und wie weißt du, ob der Morgen noch dein ist?
Was nützt, lange leben, wenn wir uns so wenig bessern? Ach, ein langes Leben macht uns nicht immer besser, sondern es vermehrt oft nur die Sündenschuld. O, daß wir doch nur einen einzigen Tag in der Welt gut verlebt hätten! Viele zählen die Jahre der Bekehrung, aber oft ist die Frucht ihrer Besserung nur sehr klein. Wenn es fürchterlich ist, zu sterben, so ist es vielleicht gefährlicher, länger zu leben. Glücklich, wer die Stunde seines Todes immer vor Augen hat und sich täglich zum Sterben anschickt! Hast du irgend einmal einen Menschen sterben gesehen, so denke, daß auch du diesen Weg gehen mußt.
Am Morgen denke, du werdest vielleicht den Abend nicht erreichen; ist aber der Abend angekommen, so versprich dir den Morgen nicht mehr. Stets also sei bereit, und lebe so, daß der Tod dich nimmer unvorbereitet finde. Viele sterben plötzlich und unvermutet. Denn zu einer Stunde, da man es nicht erwartet, wird des Menschen Sohn kommen. Wenn nun jene letzte Stunde kommt, so wirst du anfangen, über dein ganzes vergangenes Leben anders zu denken, und es sehr bedauern, daß du so nachlässig und saumselig gewesen bist.
Wie glücklich und weise ist, wer in diesem Leben so zu sein strebt, wie er im Tode erfunden zu werden wünscht? Denn große Zuversicht gibt dem Sterbenden die vollkommene Verachtung der Welt, das glühende Verlangen, in allen Tugenden zuzunehmen, die Liebe zur Zucht, Fleiß in der Besserung, williger Gehorsam, Verleugnung seiner selbst, und Ertragung jeder Widerwärtigkeit aus Liebe zu Jesu. Viel Gutes kannst du wirken, solange du gesund bist; was du aber auszurichten vermagst, wenn du krank bist, das weiß ich nicht. Wenige werden durch Krankheit gebessert, so wie auch diejenigen, welche häufig wallfahrten, selten heilig werden.
Setze dein Vertrauen nicht auf Freunde und Verwandte und verschiebe die Sorge für dein Heil nicht auf die ungewisse Zukunft. Die Menschen werden deiner schneller vergessen als du glaubst. Es ist besser sich zeitig vorzusehen und gute Werke in die Ewigkeit vorauszuschicken, als auf die Hilfe anderer vertrauen. Wenn du nicht jetzt für dich sorgest, wer wird in Zukunft für dich sorgen? Jetzt ist die kostbare Zeit noch da! Jetzt sind die Tages des Heils, jetzt ist die gnadenreiche Zeit! Aber wehe, daß du diese Zeit nicht besser anwendest; einen Schatz für das ewige Leben könntest du dir in derselben sammeln! Es wird die Zeit kommen, wo du nur noch EINEN Tag, EINE Stunde zu deiner Besserung zu haben wünschen wirst; aber ich weiß nicht, ob du sie erhaltest.
Bedenke doch, Geliebter, aus welcher großen Gefahr du dich befreien, welcher großen Furcht du dich entreißen kannst, wenn du immer den Tod vor Augen hast, als könnte er dich jeden Augenblick übereilen. Lerne jetzt so leben, daß du in der Stunde des Todes dich mehr freuen als fürchten mögest. Lerne jetzt der Welt absterben, damit du dann anfangest, mit Christus zu leben. Lerne jetzt alles verschmähen, damit du dann ungehindert zu Christus hineilen könnest. Züchtige jetzt deinen Leib durch Buße, damit du dann eine sichere Hoffnung habest.
Thor! Wie kannst du mit Sicherheit darauf rechnen, du werdest lange leben, da dir kein Tag zugesichert ist? Wie viele haben sich getäuscht, und sind unvermutet dem Leib entrissen worden! Wie oft hast du nicht erzählen hören: dieser ist durchs Schwert gefallen; jener ist ertrunken; dieser fiel von der Höhe herab und brach das Genick; jener starb plötzlich während dem Essen oder endete sein Leben beim Spiele! Einer kam durchs Feuer, ein anderer durch Waffen, durch die Pest, durch gewaltsamen Mord um: und so ist das Ende aller der Tod; das Leben der Menschen flieht schnell wie ein Schatten dahin.
Wer wird deiner nach dem Tode gedenken? Wer für dich beten? Wohlan, Geliebter, wohlan! Wirke jetzt, so viel du zu wirken vermagst, da du nicht weißt, wann du sterben wirst, noch auch, was deiner nach dem Tode wartet! Solange es noch Zeit ist, sammle dir unvergängliche Schätze. Denke an nichts, als an dein Heil; sorge allein für das, was Gottes ist. Mache dir Freunde durch Verehrung der Heiligen Gottes und durch Nachahmung ihres Wandels, damit sie dich in die ewigen Wohnungen aufnehmen, wenn du dieses Leben verlassen mußt.
Betrachte dich auf Erden immer als einen Fremdling und Gast, den die Weltgeschäfte nichts angehen. Erhalte dein Herz frei und zu Gott hingewendet, denn du hast hier keine bleibende Stätte. Dorthin richte täglich deine Gebete, deine Seufzer und Tränen, damit dein Geist würdig werde, nach dem Tode selig zum Herrn hinüberzugehen.
Amen.


(c) Thomas von Kempen (1380-1471)

Donnerstag, 19. März 2020

Treu und unerschrocken


Ein kurzes Leben wird uns hier auf Erden vergönnt.
Nicht den preise ich glücklich,
der es so sicher und ruhig hat, wie nur möglich,
sondern den, der treu und unerschrocken
die große Verantwortung des kleinen Lebens
auf sich nimmt und soviel, wie er nur kann,
die Kräfte und Möglichkeiten ausnutzt,
die Gott ihm verleiht.


(c) Bischof Nathan Söderblom, 1866-1931

Mittwoch, 18. März 2020

... und darf nicht ewig dauern



Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.



(c) Hermann Hesse, 1877-1962

Dienstag, 17. März 2020

Das Rettende





Wo aber Gefahr ist,

wächst das Rettende auch.



(c) Friedrich Hölderlin, 1770-1843

Montag, 16. März 2020

Der Tod hat viele Gesichter



Dasselbe Ding hat oft vielerlei Gesichter, und diese Gesichter können sehr verschieden sein. Dasselbe Ding schaut oft ganz anders aus, je nachdem die Umstände sind, und je nachdem wir selber gesinnt oder gestimmt sind. Sprich einunddasselbe Wort, tu einunddieselbe Tat: das eine Mal erntest du Dank und Lachen, das andre Mal Zorn und Tränen; Wort oder Tat waren gleich, aber ihre Gesichter waren ungleich.
So ist es auch mit dem Sterben. Sterben und Sterben ist zweierlei - nein, vielerlei, viele Gesichter hat der Tod. Er hat sanfte und wilde, gütige und grausame, gewöhnliche und erhabene Gesichter. Im Grunde genommen hat der Tod nie dasselbe Gesicht, er hat ein besonderes für jeden Menschen, denn jeder Mensch stirbt nach seiner eigenen Weise.
Wie wird der Tod uns erscheinen? Wir wissen es nicht eher, als bis er vor uns hintritt und uns in die Augen schaut. Es läßt sich nicht leugnen, daß darin etwas Beängstigendes liegt. Wüßte man vorher, wie der Tod ausschauen wird, so könnte man sich gewissermaßen darauf einrichten. In einer so ernsten Sache ist eine Überraschung nicht angenehm; aber es hilft uns nichts, er wird den Schleier vorher nicht lüften. Darum ist es gut, sich auf alles gefaßt zu halten, auch auf ein ernstes, auch auf ein schreckliches Gesicht. Übrigens kann hinter der strengsten Miene große Güte verborgen sein. 
Aber wer bestimmt denn, welches Gesicht der Tod zeigen soll? Das bestimmt an erster Stelle derjenige, der den Tod sendet, der Herr, in dessen Hand Leben und Tod ist. Darin liegt ein großer Trost. Der Herr bestimmt die Zeit, den Ort, die Weise, er fügt alle Umstände nach seinem Ermessen und wägt das Gewicht, das wir tragen sollen. Der Tod ist ein gehorsamer Diener, er schaut immer nach den Augen seines Herrn und folgt jedem Winke. Wir wissen aber, daß der Herr ein getreuer Gott ist, der uns nicht über unsere Kräfte versucht. Darum soll uns jede Miene und jede Gestalt und jede Gebärde des Todes recht sein. Es ist uns genug, zu wissen, daß wir nicht einem blinden Schicksal, einem grausamen Ungefähr preisgegeben sind, sondern in der Obhut des Vaters stehen. Von der Hand des Vaters können wir alles annehmen. Ich fürchte dein Gesicht nicht mehr, o Tod, und wenn ich auch nicht weiß, wie es sein wird, so kenne ich es doch: du kommst in der Gestalt, die der Vater dir befiehlt, und gerade so will ich dich sehen.
An zweiter Stelle bestimmen wir selber das Gesicht, das der Tod uns zeigen wird. Auf die äußern Umstände freilich haben wir keinen Einfluß; wir könnten alle möglichen Vorkehrungen treffen und wären doch nicht sicher, daß nicht alles sich anders wendete, als wir es zurechtgelegt haben. Aber es ist ja auch nicht so sehr die äußere Form, was dem Gesichte seine Bedeutung gibt, als vielmehr der Ausdruck. Und wir haben es wirklich mitzubestimmen, mit welchen Augen uns der Tod anschauen soll. Wie gelebt, so gestorben, sagt das Sprichwort. Je treuer wir unsere Pflicht erfüllen, je reiner wir unser Herz bewahren, um so milder wird uns der Tod begegnen; je schlechter das Leben war, um so strenger werden seine Züge sein. Auch in diesem Gedanken liegt ein Trost: noch leben wir ja und können unsere Sache in die Hand nehmen. Es liegt aber auch eine Sorge darin: werden wir das Ziel auch fest im Auge behalten, oder wird die Welt und unsere Schwachheit uns davon ablenken? Es steht bei uns, doch nicht bei uns allein und nicht zuerst bei uns; es kommt zumeist auf Gottes Gnade an.
Darum sollen wir eifrig beten um einen seligen Tod.


(c) Augustin Wibbelt (1862-1947)

Sonntag, 15. März 2020

Dir befehlen wir die Vorausgegangenen



Du, o ewiger Gott und Vater, bist der Herr über Leben und Tod. Wir wissen, dass unser irdisches Leben dem Ende zueilt und dass du, o Herr, allein weißt, was es gewesen. Dir befehlen wir alle, die uns vorausgegangen sind. Wir befehlen sie Deiner Gnade. Über den Gräbern hören wir auf die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi, des Lebensfürsten, und werden durch Ihn mit der lebendigen Hoffnung erfüllt, die alle Todesfurcht vertreibt und uns im Glauben sieghaft macht. Herr, laß solchen Glauben in unseren Herzen aufgehen und hilf uns in aller Sterbens- und Todesnot. Laß uns den Weg unsrer irdischen Pilgrimschaft sehen in dem Licht Deines ewigen Lebens. Laß uns nicht entfallen von des rechten Glaubens Trost! Amen.


(c) Ltd. Bischof H. Meiser, 1881-1956

Samstag, 14. März 2020

Zaget nicht ...


Zaget nicht, wenn Dunkelheiten 
auf des Lebens Pfaden ruhn!
Gott ist gut, er wird euch leiten,
ihm ist's Freude wohlzutun.

Alles Dunkel dieses Lebens 
glänzt vor Gott wie Sonnenlicht.
Menschen forschen oft vergebens;
seinen Blick hemmt Dunkel nicht.

Schwinge dich empor vom Staube,
fasse Mut, verzagter Geist !
Siegen, siegen wird der Glaube,
der den Herrn im Leiden preist !

Sind seine Gedanken nicht eure Gedanken,
lasst dennoch, Geliebte, den Glauben nicht wanken!
Er, der auch des Wurmes im Staube gedenkt,
hat alles zum besten der Seinen gelenkt.

Er kennet das Große, das Kleine, das Ferne,
die Tränen der Armen, die Heere der Sterne.
Mit mächtiger Liebe verfolgt er den Plan,
den seine unendliche Weisheit ersann.

Es soll uns das Dunkel der Erde nicht kümmern;
schon sieht ja der Glaube die Herrlichkeit schimmern.
Schon strahlt sie, schon wird das Verborgne enthüllt,
die Freude vollkommen, das Sehnen gestillt.



(c) Johann Wilhelm Reche, 1764-1835