Donnerstag, 24. November 2016
Abgetrennt
"Abschied zu nehmen von einem geliebten Menschen, das tut weh. Auch wenn du dir noch so oft vorsagst, dass mit seinem Tod zu rechnen war, dass er einen schönen Tod gestorben ist, dem Schmerz des Abschieds kannst du nicht entrinnen. Er muss ausgehalten und durchlitten werden. Du kannst nicht mehr mit ihm sprechen wie in so vielen guten Gesprächen. Du kannst ihm nicht mehr in seine Augen schauen. Du wirst ihn nie mehr umarmen, seine Haut nie mehr spüren. Er wird nicht da sein, wenn du dich allein fühlst, wenn du dich anlehnen möchtest. Er wird nicht mehr in dein Zimmer treten und auf dich zugehen. Sein Zimmer, in dem er gewohnt hat, ist leer. Abschied kommt von Scheiden. Es hat dich so viel mit dem geliebten Menschen verbunden. Ihr wart in manchem zusammengewachsen. Jetzt ist er dir entrissen worden. Es ist, als ob ein Teil deines eigenen Lebens, deines eigenen Herzens abgetrennt worden sei."
(Pater Anselm Grün)
Sonntag, 20. November 2016
Unser aller Arzt
Ach, was kümmert 's die Uhr,
ob ich lach' oder wein'?
Ja, sie stellt sich recht stur
auf die Umstände ein,
die das Leben so schreibt,
welche Büten 's auch treibt ...
Selbst der Tod lässt sie kalt.
Ja, es kümmert sie nicht,
welche Seelengewalt
still im Inneren ficht.
Ihr ist 's Sterben egal,
und der Schmerz allemal.
Einer kommt, einer geht.
Doch, was stört 's ihren Lauf?
Wenn der Atem uns steht,
hört ihr Ticken nicht auf.
Und so trägt wohl die Zeit
ein unsterbliches Kleid.
Sie ist streng. Sie ist hart.
Und von Mitgefühl frei.
Ihre rasende Fahrt
überhört unsren Schrei,
den das Leid uns entlockt.
Sie bleibt stumm und verstockt.
Aber eins ist gewiss:
Sie macht heil, was verletzt.
Jeder seelische Riss,
der das Herz uns zerfetzt,
wird verarztet durch sie
mit klammheimlicher Müh'.
(c) Bettina Lichtner
Donnerstag, 17. November 2016
Unverlierbar
"Ich bin die Auferstehung, und ich bin das Leben. Wer mir vertraut, der wird leben, selbst wenn er stirbt." (Johannes 11, 25)
Dies Wort ist gesprochen an der Stätte der Verwesung, am Grabe des Lazarus; gesprochen von einem, der in wenigen Tagen selber den Weg des Todes gehen wird und doch den Anspruch erhebt, ewiges, unvergängliches Wesen in sich zu tragen, an dem die ganze Welt genesen kann; der die Macht hat, die Toten lebendig zu machen, die geistlich Toten und die leiblich Toten, die in den Häusern und die in den Gräbern. Von ihm geht ein Strom des Lebens aus in alle Totengebeine.
Das schreib dir in dein Herze, du hochbetrübtes Heer! Warum seid ihr so traurig? Meint ihr, die Sonne eures Lebens wäre für immer untergegangen? Nein, nein, ich bin die Auferstehung und das Leben. Darum dürft ihr nicht in die Tiefe blicken, wo ein Sarg versank; in die Höhe sollt ihr schauen und dort eure Heimgegangenen suchen. Eure Toten schauen die Herrlichkeit droben mit aufgedecktem Angesicht. Nicht nur hoffen wollen wir auf jenen großen Tag, wo des Todes Rätsel gelöst werden. Wie er bei uns ist alle Tage, so sind auch sie bei uns; unverlierbar bleibt uns, was einst unser war! Jesus lebt, und unsere Toten leben!
Zu Martha hat der Herr dies Wort gesprochen. Sie hatte viel verloren; aber den Glauben hat sie sich nicht nehmen lassen. Und auf den Glauben kommt es an.
Jesus, er, mein Heiland, lebt;
ich werd' auch das Leben schauen,
sein, wo mein Erlöser schwebt;
warum sollte mir denn grauen? Amen.
(Dr. Paul Conrad)
Dienstag, 15. November 2016
Atemräuber
Der Tod färbt die Gesichter bleich!
Er, dieser Atemräuber,
dünkt übermächtig sich und reich,
im Kreis der toten Leiber.
Doch kennt der Wicht
die Liebe nicht.
Die Liebe, diese Königin,
nimmt allem Tod den Schrecken.
Der Tod rafft allenfalls dahin,
doch sie vermag zu wecken.
Durch sie erwacht,
was tot gedacht.
Und ist auch fort, was uns vertraut,
die Liebe hat 's bewahret:
Wer tief, ganz tief ins Herze schaut,
und nicht mit Neugier sparet,
dem wird ja schnell
das Dunkle hell.
"Nach innen wandern!" Also los!
Und keine Zeit verlieren.
Dort baut die Liebe riesengroß
ein Schloss mit tausend Türen.
Welch Lichterschein!
Tritt nur hinein.
Dort findest du, was du vermisst -
den Lohn für alles Weinen.
Wo dich ein neues Leben küsst,
dort fülle deine Scheunen
mit frischem Mut,
denn das tut gut.
Es nimmt kein Tod dir jemals fort,
was liebevoll im Herzen
gehütet wird. Mein Ehrenwort!
Die Lieb' hilft, auszumerzen
was uns betrübt.
Wohl dem, der liebt ...
(c) Bettina Lichtner
Montag, 14. November 2016
Hin zum Quell
Zum Himmel geht der Seele Ruf,
sich ewig zu verbünden
mit dem, des Hand die Welt erschuf.
"Oh, lass mich Frieden finden ..."
Ja, Frieden. So erstrebenswert
nach all den schweren Zeiten.
Das ist es, was das Herz begehrt
nach all den Traurigkeiten.
Dass in der Tiefe Stille sei
nach schmerzerfülltem Klagen.
Es drängt die Seele, wieder frei
sich an die Luft zu wagen.
Hinaus aus diesem Karussell
des Leids, das stetig kreiste.
Hinaus, hinaus, und hin zum Quell,
der mich zu gerne speiste,
der mich zu gern lebendig säh',
statt in mir selbst verschlossen.
"Oh, Herr, schick' Hilfe aus der Höh'!
Der Quell sei ausgegossen
auf mich in seiner ganzen Flut!
Es dürstet mich nach Sonne!
Ein neu gefasster Lebensmut
sei lang vermisste Wonne ..."
(c) Bettina Lichtner
Montag, 7. November 2016
Lebt !!
"Ich lebe und ihr sollt auch leben." (Joh. 14, 19)
Unter diesen Trost stellen wir alle traurigen und bekümmerten Seelen, denen eine tiefe Wunde in ihr Leben geschlagen wurde. Nicht in den Gräbern sollen sie ihre Heimgegangenen suchen. So gewiss Jesus lebt, leben auch die, welche ihm hier auf Erden lebten und in ihm starben. Jesus lebt! Er ist nicht einer von den großen Toten der Geschichte. Als der Lebendige geht er noch heute durch die Lande. Sein Geist spricht meinem Geiste manch süßes Trostwort zu. Dass wir noch nicht untergegangen sind in dem Elend dieser Tage, verdanken wir ihm, dem Lebendigen und Leben Schaffenden und Trost Spendenden und Vergebung Wirkenden und mit unzerstörbarer Osterhoffnung uns Segnenden.
Aber überhören wir nur ja nicht die Mahnung: Ihr sollt auch leben! Bei dem Propheten heißt es einmal: Da ich vorüberging, sah ich dich in deinem Blute liegen und sprach: Du sollst leben; ja, du sollst l e b e n ! Ob sich dies Wort nicht am herrlichsten aus dem Munde und aus dem Herzen des Osterfürsten erfüllt hat? Wir liegen in unserem Blute. Wir wühlen im Staube. Wir wälzen uns in den Dornen. Wir fühlen uns behaglich in der Sünde. Wir sind stolz auf unsere Tränen. Wir kommen uns so bemitleidenswert vor in unseren Schmerzen. Und das soll ein Leben, ein Christenleben, ein Osterleben, ein Ewigkeitsleben sein! Nein: Wir sollen l e b e n ! IHM leben! AUS ihm leben! FÜR ihn leben!
Herr, leb' in mir, dass ich in dir auch selig leben möge und wandeln deine Wege. Amen.
(Pastor Paul Conrad)
Sonntag, 6. November 2016
Ein sanfter Flug

Wieder Herbst. Die bunten Blätter
schweben leise, unbemerkt
doch mit frohem Mut gestärkt,
sanft in Gottes Hand, dem Retter,
der sie ganz behutsam trägt
und ins Bett der Liebe legt.
Glücklich sind sie heimgegangen.
Haben ihren Dienst vollbracht,
und nun ist es angedacht,
ja, ist göttliches Verlangen,
dass der Lebenskreis sich schließt,
eh bald neues Leben sprießt.
Eben noch vom Ast getragen,
und im Sonnenlicht gewärmt,
von der Lust des Seins geschwärmt,
schon heißt es, Adieu zu sagen,
denn das Ziel der Lauf der Zeit
ist nunmal die Ewigkeit.
Von der Welt ganz unbeachtet,
stirbt ein jedes vor sich hin.
Aber: Sterben ist Gewinn!
Und der Tod ist jäh entmachtet,
denn die Liebe lebt ja fort.
Ihr gebührt das letzte Wort.
Wie ein Blatt - so wird das Leben,
das der Schöpfer uns geschenkt,
das am seidnen Faden hängt,
irgendwann zurückgegeben.
Schweben wir auch himmelwärts,
uns bewahrt doch manches Herz.
(c) Bettina Lichtner
Donnerstag, 3. November 2016
Die Macht des Gebets
"... und ihre Stimme wurde erhört, und ihr Gebet kam in Gottes heilige Wohnung im Himmel." (2. Chronik 30, 27)
Gebet ist das untrügliche Stärkungsmittel des Christen in allerlei Fällen, in allen Nöten. Kannst du das Schwert nicht brauchen, so nimm deine Zuflucht zur allvermögenden Kraft des Gebets. Dein Pulver ist vielleicht feucht, deine Bogensehne schlaff geworden, aber die Waffe des Gebets kommt nie in Unordnung. Der Leviathan lacht des Speers, aber vor der Macht des Gebets erzittert er. Schwert und Speer müssen immer wieder poliert werden, aber das Gebet rostet nie, und wo wir glauben, es sei stumpf oder schartig, da schneidet es am besten. Das Gebet ist eine offene Tür, die niemand zuschließen kann. Wenn dich die Teufel von allen Seiten umringen, so bleibt der Weg nach oben immer frei, und solange diese Straße nicht verlegt ist, kannst du dem Feind nicht in die Hände fallen. Wir können nicht durch Belagerung noch durch Sturm, weder mit List noch mit Gewalt überwunden und gefangen weggeführt werden, solange auf der Jakobsleiter himmlische Hilfstruppen zu uns stoßen können, um uns in Zeiten der Not und Gefahr zu unterstützen. Das Gebet ist immer an der Zeit; im Sommer wie im Winter ist es von höchstem Wert und köstlicher denn alle Schätze. Das Gebet wird am himmlischen Thron vorgelassen in der Todesstille der Nacht, inmitten emsiger Geschäftstätigkeit, in der Hitze des Mittags, im Schatten des Abends. In jeder Lage, sei es Zweifel oder Entmutigung, sei es Armut oder Krankheit, sei es Verachtung oder Verleumdung, ist dein Gebet dem treuen Bundesgott willkommen, und Er schenkt ihm Erhörung aus seinem Heiligtum. Auch ist das Gebet rechter Art nie umsonst. Wahrhaftiges Gebet ist immer von kräftiger Wirkung. Wird dir auch nicht immer das zuteil, um das du bittest, so werden doch immer deine wirklichen Bedürfnisse befriedigt. Wenn Gott seine Kinder nicht nach dem Buchstaben erhört, so erhöret Er sie dafür nach dem Geist. Wenn du um Leibesgesundheit bittest, hast du Ursache, dich zu beklagen, wenn Er stattdessen dein Siechbett zur Heiligung deiner geistlichen Gebrechen wendet? Ist es nicht besser, dein Kreuz werde dir geheiligt, statt abgenommen?
(Charles Haddon Spurgeon, 1834-1892)
Mittwoch, 2. November 2016
All mein Glück
Tiefer Schmerz. Der Blick ins Leere.
Immer wünschte ich, sie wäre
wieder heile, meine Welt,
die mir Stück um Stück zerfällt.
Lebensfreude? Weggebrochen.
Ja, ich schließe wohl seit Wochen
mich in einen Kerker ein,
und will ganz alleine sein.
Lebenslust? Hab' ich verloren ...
Dabei hab' ich mir geschworen,
trotz des Leids nach vorn zu sehn.
Aber vorne ist 's nicht schön.
Vorne lauern solche Zeiten,
die mir gar nichts mehr bedeuten,
die so trüb, so sinnlos sind,
dass ich sie als Last empfind'.
Lebensglück? Wie sollt' ich 's schmieden,
wenn die Kräfte mir ermüden?
All mein Glück liegt da im Grab!
Gott nahm fort, was er einst gab.
Er nahm 's fort und mir bleibt 's Fügen.
Gönn' ich nicht dem Tod das Siegen,
muss ich bald zurück ins Licht!
Denn die Nacht bekommt mir nicht.
Muss zurück ins Leben finden!!
Muss mich an die Sonne binden,
und in ihrem hellen Schein
wieder lebenslustig sein.
(c) Bettina Lichtner
Dienstag, 1. November 2016
Bei Gott
"Denn in der Auferstehung werden sie weder heiraten noch sich heiraten lassen, sondern sie sind wie Engel im Himmel." (Matthäus 22, 30)
Damit weist der Herr alle falschen Bilder ab, wie die Menschen sie sich von der Ewigkeit machen. Er öffnet uns nur ein klein wenig die Himmelstür; aber durch den schmalen Spalt dringt ein heller Strahl, der uns Leben und Sterben, Zeit und Ewigkeit in wundervoller Weise verklärt. Er erwartet nicht das alte, sondern ein Neues; nichts Zeitliches, sondern Ewiges; nichts Irdisches, sondern Himmlisches; nichts Natürliches, sondern Geistiges: Sie sind gleich wie die Engel Gottes im Himmel.
Der Engel Geschäft ist es, wie der Psalmist sagt, Gottes Befehl auszurichten, seinen Willen zu tun. So ist die Ewigkeit nicht ein träumerisches Ruhen und Nichtstun; nicht ein Genießen und immerwährendes Singen und Beten; sondern die Ewigkeit besteht in dem Erfüllen des Willens Gottes, höher, reiner, herrlicher, als hier auf Erden. Wie viel wissen wir damit über die Ewigkeit: Da dürfen wir ganz unserem Gott dienen! Aber wie viel wird uns damit auch gesagt für dieses Leben!
Denn das ewige Leben ist nicht ein Leben, das mit dem Tode anfängt, sondern das mit dem Tode nicht aufhört. Nur der kann die Gewissheit ewigen Lebens b e i Gott haben, der bereits auf Erden ein Stück ewigen Lebens in Gott in sich trägt. Wer ihm droben dienen will, muss hier schon ihm leben, seinen Willen tun, unablässig, unermüdlich, um damit reif zu werden für die Ewigkeit.
Nur der ist zum Sterben fertig,
der sich lebend zu dir hält. Amen.
(Pastor Paul Conrad, 1865-1927)
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