Sonntag, 27. Juli 2014

Schön war 's



Der schöne Tag. Er ist verschwunden.
Er, der uns beiden einst gehört.
Ich hab' ihn niemals mehr gefunden,
und keiner sonst war so viel wert.

Der schöne Tag. Er ging vorüber
in einer raschen Schnelligkeit.
Und seither stürze ich kopfüber
in eine Schlucht der Traurigkeit.

Der schöne Tag. Er hielt nicht inne.
Nicht mal für einen Augenblick.
Doch mit den Mächten meiner Sinne
hol ich ins Herz ihn mir zurück.

Der schöne Tag. Ich wollt' ihn halten.
Ich ließ ihn frei und rief Adieu.
Es wird kein Tag mehr wie die alten,
weil ich dich niemals wiederseh' ….


© Bettina Lichtner

Samstag, 26. Juli 2014

Süße Gabe


Lauft, Ihr Tränen. Atmet. Lebt.
Legt Euch nieder auf die Blüte,
die in stiller Gottesgüte
aus dem Grabe sich erhebt.

Tränkt den Kelch und tränkt das Blatt.
Spiegelt all die Sonnenstrahlen,
die euch ach so gülden malen,
dass das Auge Freude hat.

Und die Trauer wird mir mild,
weil die Tränen, die vergossen,
in die Wurzelstränge flossen,
was den Durst der Blume stillt.

Und sie dankt und blüht und bleibt
wie des Himmels süße Gabe
auf dem sommerlichen Grabe,
bis der Winter sie vertreibt …


© Bettina Lichtner

Freitag, 25. Juli 2014

Kein Weg ist sicher



Der gerade Weg. Ein Hirngespinst?
Ein Weg ganz ohne Hürden?
Doch wenn du dich zurück besinnst,
dann weißt du um die Bürden …

Du weißt, es gab auch Stock und Stein,
gab Berge auch und Mauern.
's war nicht nur eitel Sonnenschein.
's war auch ein tiefes trauern.

Die Streckenführung war so oft
ja nicht, wie du es dachtest.
Der gerade Weg, den du erhofft,
und den du streng bewachtest,

er zweigte hier und zweigte dort
ganz gegen deinen Willen.
Und plötzlich sind sie alle fort,
die Wege, die wir füllen …



© Bettina Lichtner

Donnerstag, 24. Juli 2014

Verwehter Duft



Der Sand hat deine Spuren längst verschlungen,
der Wind hat deinen Duft schon lang verweht.
Doch keinen Kräften ist es je gelungen,
dass unsre Liebe mit der Zeit vergeht.

Die Jahreszeiten geben sich die Klinke
ganz selbstverständlich leise in die Hand.
Ich weine tausend Tränen und ertrinke
im Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterland.

Die Tage treiben weiter ihre Spiele.
Die Nächte sind so dunkel wie noch nie.
Die vierundzwanzig Stunden lange Kühle
bereitet meiner Seele große Müh'.

So hat das Leben nicht verlaufen sollen.
So habe ich es niemals mir gedacht.
Ich habe dich ja nie verlieren wollen.
Doch lag und liegt es nicht in meiner Macht.



© Bettina Lichtner


Mittwoch, 23. Juli 2014

Fest im Glauben


Der Tod, das sei die letzte große Reise.
Doch irgendwie begreife ich es nicht.
Ich glaube, es bekommt auf andre Weise
die Seele bald ein neues Angesicht.

Ich glaube fest, wir kommen alle wieder.
In andren Körpern kehren wir zurück.
Und niemand reißt mir diesen Glauben nieder.
Ich glaube, nach dem Tod kommt neues Glück.

Ich glaube, unsere Reise ist unendlich,
ist ohne Start und ergo ohne Ziel.
Für andre ist mein Glaube nicht verständlich.
Doch ich verlass' mich ganz auf mein Gefühl.

Wir sind nur eine Fortsetzung der Ahnen.
Und leben, leben, leben immerzu.
Der Tod ist nichts. Wir bleiben in den Bahnen.
Ich glaub' nicht an die ewigliche Ruh'.



© Bettina Lichtner

Montag, 21. Juli 2014

Was ich nicht weiß, ….



Ein Unwetter zieht auf, das hat der Wetterfrosch gesagt.
Die Sonne macht Gewitterzellen Platz.
Das Lachen und die Freude werden kurzerhand vertagt.
Stattdessen gibt es himmlischen Rabatz.

Ich stell' mir vor, es gäbe wer, der zu verstehen gibt:
"Pass auf, mein Kind, es zieht ein Unheil auf.
In Bälde wird die helle Zeit durchs Finstere getrübt,
das Schicksal nimmt allmählich seinen Lauf."

Zum Glück gibt 's keinen Frosch, der mir das Morgige verrät.
So dreht sich meine Welt im Sonnenschein.
Ach, wenn ich wüsst', dass morgen schon ….. ich wüsst' nicht, was ich tät'.
Wie herrlich ist 's, ein Unwissender zu sein.



© Bettina Lichtner

Sonntag, 20. Juli 2014

Treppenstille



Die stille Treppe. Und ich steh'
am Ende ihrer Stufen
und habe dich gerufen.
Ich rief dich so wie eh und je.

Doch ist mein Ruf im Treppenhaus
verhallt. Ich bin beklommen,
denn du bist nicht gekommen.
Da bricht der Schmerz aus mir heraus.

Und plötzlich reißt die Wahrheit mich
aus sämtlichen Gedanken.
Die Welt gerät ins Wanken,
denn du bist tot. Ein Seelenstich …

Ich glaube nicht, ich fasse nicht,
ich weine und erschrecke.
Da kommst du um die Ecke
und küsst mir zärtlich das Gesicht.

Ich fühl' den Hauch, den Atem dein
am Ende dieser Stufen.
Du kommst mir wie gerufen.
Es könnt' das Glück nicht größer sein ...



© Bettina Lichtner

Freitag, 18. Juli 2014

Ganz fest



Der Tod hat uns verschweißt - ganz fest.
Für ewig und für immer.
Und wen es daran zweifeln lässt,
hat keinen blassen Schimmer!

Du bist so nah, wie nie, wie nie.
Mein Herz ist deine Stätte.
Auch wenn ich dich von spät bis früh
so gern vor Augen hätte.

Doch liegt es nicht in meiner Hand.
Mir bleibt nur, mich zu fügen.
Mein Herz ist nun dein Heimatland,
und das muss uns genügen.

Nur du und ich - für alle Zeit.
Für alle Zeit verbunden.
Die Asche ist im Wind verstreut.
Adé, ihr schönen Stunden …



© Bettina Lichtner

Donnerstag, 17. Juli 2014

Scheue Schritte



Das Fenster zur Seele wird leise verhüllt
von Trauer und ihren Gefährten.
Ein wucherndes, rankendes, schwindendes Bild -
das Leben zeigt Weiche und Härten.

Es blinzelt ein Lichtlein ganz zaghaft hinein,
und wirft seinen Schein in die Ecken.
Ein tröstendes Wort, noch so unschuldig klein,
vermag mich mit Macht zu erwecken.

Als sei 's eine Blume, die plötzlich erblüht.
Als käme die Sonne persönlich.
Wer einmal der Hoffnung ins Angesicht sieht,
schöpft Mut und schöpft Kraft (für gewöhnlich).

Ich öffne das Fenster und Luft füllt den Saal.
Die Trauer fliegt winkend ins Freie.
Der Weg, der sich breitet, ist jung noch und schmal.
Die Schritte sind allesamt scheue …


© Bettina Lichtner

Mittwoch, 16. Juli 2014

Komisch, oder?



Stille, du. So bist du da.
Nimmst Räume dir und Zeiten.
Plötzlich bist du körpernah,
und möchtest mich begleiten.

Vorhang zu und Vorhang auf.
Die Bühne kommt ins Schwitzen.
Fremd ist uns des Lebens Lauf,
die wir auf Kohlen sitzen.

Wann das Ende uns erwischt -
das wollen wir nicht wissen.
Dass der Tod erst andre fischt,
bereden wir beflissen.

Dass wir selber sterblich sind,
das glauben wir mitnichten.
Für das eigne Sterben blind -
welch komische Geschichten …


© Bettina Lichtner

Dienstag, 15. Juli 2014

nichtig & wichtig



Es lässt die Liebe sich nicht schrecken,
vom Sterben nicht und nicht vom Tod.
Sie hilft uns so beim Wunden lecken,
und ist ja unser täglich Brot.

Wenn einer geht, der uns verbunden,
dann ist die Lieb' um uns bemüht.
Sie singt uns in den dunklen Stunden
so tröstend dann ihr schönstes Lied.

Sie trocknet Tränen, lindert Leiden.
Der größte Retter auf der Welt.
Es lässt der Tod sich nicht vermeiden,
doch ist es schlecht um ihn bestellt,

denn er ist nichts, ist null und nichtig,
ist ohne Krone, ohne Macht.
Nur eines zählt, nur eins ist wichtig:
der Liebe Licht in finstrer Nacht ….


© Bettina Lichtner

Montag, 14. Juli 2014

Dauerlauf




Sie läuft und läuft. Für alle gleich,
und niemand kann sie halten.
Du kannst sie noch so bunt gestalten,
sie durch Termine streng verwalten,
am Ende spielt sie ihren Streich …

Die Zeit hat ihren eignen Kopf.
Was kümmert sie dein Planen?
Sie baut sich ihre eignen Bahnen,
verbindet dich mit all den Ahnen,
und wirft euch all in ihren Topf.

Auf ewig unveränderlich.
Sekunde bleibt Sekunde.
Sie dreht beharrlich ihre Runde,
und breitet festlich ihre Stunde,
doch du denkst nur an dich, an dich …

Erst wenn sie stoppt, erkennst du sie.
Und weinst ihr nach. Doch leider
zieht dir der Tod dann seine Kleider.
Die Zeit jedoch ist aus dem Schneider,
sie läuft und läuft und scheidet nie …



© Bettina Lichtner

Sonntag, 13. Juli 2014

Hieb ins Heile



Sicherheit? Was ist das schon?
Mutter, Vater, Tochter, Sohn?
Haus im Grünen, Hund und Katz?
Gut bezahlter Arbeitsplatz?

"Liebe, gute, heile Welt:
Schlecht ist es um dich bestellt,
wenn der Tod dich jäh versohlt
und sich seinen Anteil holt.

Oh, wie schmerzend ist sein Hieb.
Was dir teuer, was dir lieb,
greift er sich und reißt es fort.
Und was bleibt vom schönen Ort?

Die geglaubte Sicherheit
ist ein Kind der Endlichkeit.
Schau nur einmal rundherum:
die Vergänglichkeit geht um …"



© Bettina Lichtner

Dienstag, 8. Juli 2014

Fremde Bücher



Die Gräber schweigen.
Sie wollen mir partout nicht zeigen
wes Leben sie verbergen.
Nur stumme Zeugen,
die sich des Todes Stille beugen.
Wer ruht in all den Särgen?

Wer ist 's gewesen?
Ich möcht' in ihren Büchern lesen
von ihren alten Tagen.
Will Rätsel lösen.
Es kehrte wohl des Rätsels Besen
hervor ein Meer von Fragen.

All die Skelette,
die ich so gern getroffen hätte
inmitten ihres Lebens,
bewahrt die Stätte
des Friedens. Und ich ahne, wette,
Bestechung ist vergebens …



© Bettina Lichtner

Montag, 7. Juli 2014

Täuschende Ruhe



Eines würd' mich traurig stimmen:
wenn die Zeiten mir verschwimmen,
weil mein Geist vergesslich wird
und durch fremde Jahre irrt.

Eines Tags nichts mehr zu wissen,
wehrlos sich ergeben müssen,
ganz gedächtnislos zu sein,
hüllt mein Herz in Trauer ein.

Könnt' dein Grab nicht mehr erkennen,
deinen Namen nicht mehr nennen.
Sämtliche Vergangenheit
wäre wie vom Wind zerstreut.

Ängste wollen Feuer schüren.
Schließen sich die vielen Türen
der Erinnerungen zu?
Oh wie täuschend ist die Ruh' …


© Bettina Lichtner

Sonntag, 6. Juli 2014

Unter dem Himmel



Unter dem Himmel wird fleißig gestorben.
Jede Sekunde ein Tod auf der Welt.
All unsre Zeit, die so teuer erworben,
ist nur ein Hauch unterm himmlischen Zelt.

Doch wir vergessen, den Hauch zu erfühlen.
Denken an alles, ans Leben wohl kaum.
Finden uns täglich in all diesen Mühlen.
Und unsre Stunden verschwinden wie Schaum.

Materielle Vergnügungen zählen
mehr als der einzige kleine Moment.
Wenn wir nur wüssten, wir sterblichen Seelen,
dass nur ein Schnips uns vom Endlichen trennt.

Schneller als Wolken so jagen die meisten
durch ihre Tage (und oft durch die Nacht).
Zeit zu verschwenden kann niemand sich leisten.
Und ans Genießen wird selten gedacht.



© Bettina Lichtner

Samstag, 5. Juli 2014

Stein über Stein




Hinter der dunklen Fassade der Trauer
sehnt sich das Herz nach dem tröstenden Licht.
Doch eine kaum zu durchdringende Mauer
sperrt aller Sonne und Wärme die Sicht.

Stein über Stein, ohne Fenster und Lücke,
hat mir der schweigende Schmerz zementiert.
Wenn ich die Steine zum Seitlichen rücke,
ob dann das Herz einen Tanz zelebriert?

Wird es dann jubeln und hellauf erstrahlen?
War denn die Trauer nur drückende Last?
Darf denn das Herz wieder Stunden bemalen,
die hinter Steinen allmählich verblasst?

Möchte nicht denken, was könnte, was wäre.
Lasse die Mauer so sein, wie sie ist.
Lieber ist mir diese Stein-Atmosphäre,
statt dass mein Herz dich im Tanze vergisst ….



© Bettina Lichtner

Freitag, 4. Juli 2014

Vom Hier ins Irgendwo



Der Löwenzahn zeigt unbeirrt
auf deinem Grab mir sein Gesicht.
Er zeigt, was war und zeigt, was wird
und also, wie das Leben spricht.

Aus Wurzeln wächst ein gelber Hut,
und jenem wachsen Flügel.
Dann gibt der Wind ihm Trieb und Mut,
und Gott führt ihm die Zügel.

Er fliegt hinfort, für immer fort.
Wohin? Wer kann 's schon wissen.
Kein letzter Gruß, kein Abschiedswort.
Ganz einfach fortgerissen …

Die Wurzeln aber, die er ließ,
die tragen all die Jahre
den gelben Hut am Stengelspieß
und später Pustehaare.

Ein jedes Leben ist ja so.
Ein Werden und Vergehen.
Vom Hier hinaus ins Irgendwo.
Wer kann das schon verstehen?



© Bettina Lichtner

Donnerstag, 3. Juli 2014

Das richtige Wort zur richtigen Zeit



Eine kleine Stubenfliege
flog beim Lesen mir aufs Blatt.
"Warte nur, wenn ich dich kriege …."
Aber sie verblüfft mich glatt.

Denn sie setzt sich selbstverständlich
gleich aufs kleine Wörtchen "Schutz".
Und da dämmert 's bei mir endlich.
Denn es ist zum Eigennutz.

Ja, sie fleht mit ihren Blicken,
dass das Wort mich flugs erweckt.
Soll ich sie ins Jenseits schicken,
bloß weil sie mich nervt und neckt?

Ich wein' Tränen über Leute,
die des Todes Hand mir nahm,
und nun sitze ich hier heute
und werd' plötzlich gotteszahm.

"Ach, du Fliege, willst ja leben.
Darum tu ich dir nicht weh."
Da hört' ich ihr Herzlein beben.
Und sie flüsterte: Okay …




© Bettina Lichtner


Mittwoch, 2. Juli 2014

Geschichten eines Lebens



Ein Engelchen aus Porzellan,
schaut ohne Pause himmelan.
Mit Ehrfurcht im Gesichte. 
Es ist ja alles so getan,
wie Gott es schrieb in seinem Plan.
Das Leben ist Geschichte.

Geschichten, die das Leben schreibt.
Die eine oder andre bleibt
als stete Anekdote,
die plötzlich ihre Spielchen treibt,
wenn jemand an der Lampe reibt.
"Erzähl', mein Götterbote …"

Geschichten, die man nie vergisst.
Durch welche du unsterblich bist.
Ein Trost in schweren Stunden.
Und wenn da diese Leere ist,
weil 's Herz dich gar so sehr vermisst,
so fühl' ich mich verbunden.

Verbunden durch das Buch der Zeit.
Ein Buch von solcher Kostbarkeit.
Es hilft mir, zu genesen.
Das Engelchen im stillen Kleid,
mit diesem Lächeln himmelweit,
lehrt mich, darin zu lesen.



© Bettina Lichtner

Dienstag, 1. Juli 2014

Neue Wurzeln




Irgendwann - und mag 's auch dauern -
hört die Seele auf zu trauern.
Und sie zeigt sich neu geschliffen,
denn sie hat den Sinn begriffen.

Diesen Sinn im Schicksalhaften.
Was nicht Freund noch Worte schafften,
nahm die Zeit in ihre Hände.
Und dann ist sie da, die Wende.

Und dann trauert man nicht länger.
Und die Luft wird nicht mehr enger,
wenn man denken muss ans Alte.
Und das Leid ruft: "ICH ERKALTE …."

Es erstarrt in deinem Leibe,
bis die Liebe in der Bleibe
Wurzeln über Wurzeln schlägt
und Erinnerungen trägt …


© Bettina Lichtner