Sonntag, 31. Juli 2016
Um den Abend wird es Licht sein ...
"Um den Abend wird es Licht sein!" Du, lieber Freund, hast im Irdischen deine hellen Tage gehabt, du hast manchmal große Segnungen genossen. Du hast Jahre gekannt, in welchen deine Scheunen das Korn kaum zu fassen vermochten und das Ölfass überfloss, Jahre, in welchen der Strom deines Lebens tief war und dein Schiff ruhig vorwärts trieb, ohne von einer störenden Trübsalswelle belästigst zu werden. Du sprachst in diesen Tagen: 'Ich werde gewiss keinen Kummer sehen, Gott hat mich beschützt und bewahrt, ich werde besonders von Ihm bevorzugt, ich weiß, dass alles mir zum Besten dienen muss, denn ich sehe es ja deutlich.'
Nun, diesen Tagen folgte ein Sonnenuntergang. Die Sonne, welche dir so freundlich schien, fing an, von Augenblick zu Augenblick ihre Strahlen in einer schrägeren Richtung fallen zu lassen, bis zuletzt ihre Schatten lang wurden, denn die Sonne ging unter und die Wolken sammelten sich. Mochte auch das Licht des Angesichts Gottes diese Wolken mit Herrlichkeit umleuchten, es wurde doch finster. Trübsale aller Art suchten dich heim: die Deinen wurden ans Krankenlager gefesselt, deine treue Lebensgefährtin starb, die Ernte war eine spärliche, dein tägliches Einkommen wurde geringer, dein Schrank war nicht mehr voll, es fehlte dir fast das tägliche Brot; du wusstest weder aus noch ein; der Kiel deines Schiffleins stieß an den Felsen, es war nicht genug Vorrat da, um es über die Felsen der Armut treiben zu lassen. Du hast an Fleiß, an Sparsamkeit und Ausdauer alles mögliche aufgeboten - aber umsonst. 'Es war umsonst, dass du früh aufstandest und hernach lange dasaßest, und aßest dein Brot mit Sorgen.' (Psalm 127, 2), all deine Versuche, der Not zu entgehen, waren vergeblich. Du warst der Verzweiflung nahe. Es war, als ob die Nacht deines Lebens mit ewiger Finsternis enden würde. Du hättest nicht immer leben, sondern lieber dieses Tränental verlassen mögen.
War es aber nicht um den Abend Licht bei dir? Die Zeit deiner äußersten Not war gerade der Augenblick für die gelegene Zeit Gottes. Als die Flut bis aufs äußerste zurückgetreten war, da fing sie an, wieder zu steigen. Deine Ebbe hatte ihre Flut, dein Winter seinen Sommer, deinem Sonnenuntergang folgte der Sonnenaufgang - 'um den Abend wurde es Licht'.
Plötzlich, wie es dir vorkam wie durch ein Wunder, wurdest du vollständig gerettet. 'Es brachte deine Gerechtigkeit hervor wie das Licht, und dein Recht wie den Mittag' (Psalm 37, 6). Der Herr erschien dir in alten Tagen: 'Er schickte aus von der Höhe und holte dich, und zog dich aus großen Wassern.' (Psalm 18, 17). 'Er stellte deine Füße auf einen Fels, dass du gewiss treten konntest.' (Psalm 40, 3)."
(Spurgeon)