Freitag, 30. Januar 2015

Die rechte und die linke Hand




Abermillionen von schönen Sekunden
haben so plötzlich ihr Ende gefunden.
Und meine Rechte gibt 's Alte nicht her.
Und meine Linke bleibt ewiglich leer ...

Und meine Rechte hat kräftig gewonnen.
Hat gleich ein Netz sich aus Liebe gesponnen,
hütet den Schatz der vergangenen Zeit,
während die Linke vor Einsamkeit schreit.

Ach, meine Linke. Sie sehnt sich nach neuen,
weiteren Tagen mit dir, doch die treuen
alten Sekunden, sie wandern nicht fort.
Blühende Landschaft. Verlassener Ort.

Rechte und Linke - die ungleichen Schwestern.
Lachende Rechte. Sie tanzt mit dem Gestern.
Weinende Linke. Sie trauert dir nach.
Lachen und Weinen in einem Gemach.

Drüben die Freud' ob vergangener Schätze.
Linksseitig ewig verlassene Plätze.
Rechts überwiegt der erkannte Gewinn.
Links rafft die Trauer die Lebenslust hin.



(c) Bettina Lichtner

Mittwoch, 28. Januar 2015

Immer dabei



Der Tod ist zugegen.
In jeder Sekunde.
Auf sämtlichen Wegen.
Bei jedweder Runde.

Der Tod atmet leise.
Du kannst ihn nicht hören.
Er will deine Reise
nicht unnütz erschweren.

Der Tod will uns mahnen,
das Leben zu leben.
Es lässt sich erahnen:
wir müssen 's ihm geben ...

Der Tod ist der Schatten
der sonnigen Seite.
Er flüstert: "Gestatten?
Ich brauche dich. Heute."



(c) Bettina Lichtner


Dienstag, 27. Januar 2015

Was tät' ich ...



Die Erinnerungen bauen
feste Brücke zu dir hin.
Lassen mich die Tage schauen,
derer ich bereichert bin.

Sind die Lichter dunkler Stunden.
Ach, was tät' ich ohne sie.
Fest bin ich mit dir verbunden,
wenn ich durchs Erinnern zieh'.

Magst du auch dem Tod gehören,
die Erinnerung bleibt mein.
Will die Trauer mich verzehren,
flüchte ich ins Herz hinein.

Dort kann keiner mich verjagen,
dort sind du und ich ja wir.
Die Erinnerungen tragen
mich so oft ich will zu dir ....



(c) Bettina Lichtner

Montag, 26. Januar 2015

Lauter Astronauten



Wenn die Augen sich dann schließen
und die Hände müd' sich falten,
dürfen wir es wohl genießen,
dass uns Gottes Arme halten.

Und sie tragen uns ins Freie,
aus der körperlichen Enge
in das himmlische, so neue
Leben ohne Pflicht und Zwänge.

Oh, wie leicht wir uns dort fühlen.
Schwerelose Astronauten,
die mit Wind und Wolken spielen,
und sich Sternenhäuser bauten.

Losgelöst von der Beschwerde,
die das Leben mit sich brachte,
blicken wir auf diese Erde,
die uns froh und traurig machte.

Blicken wir auf unsre Lieben,
die so schmerzlich uns vermissen.
Gerne wären wir geblieben.
Doch wir haben gehen müssen.



(c) Bettina Lichtner

Sonntag, 25. Januar 2015

nimmermüd



Einst riss dein Atemzug mich fort
mit seinem lebensfrohen Schwunge,
und dem vergnüglich frischen Wort
von einer nimmermüden Zunge.

"Komm her, komm her, es wartet nicht
die Zeit, bis dass der Mut sich waget.
Sie läuft hinfort. Ein armer Wicht,
wer weiter zögert und verzaget.

Das Leben flieht. Drum hak dich ein
und tanz mit mir den Tanz der Freude,
und lass uns taumelnd, fröhlich sein.
Es trägt die Zeit ein Kleid aus Seide,

so dünn, dass man den Himmel sieht.
So dünn nur ist die Zeit des Lebens.
Doch was im Herzen weiterblüht,
war ja zu Lebzeit nicht vergebens."

Dann stand dein Atem einfach still.
Die Zunge schwieg. Das Wort blieb stecken.
Und ich, die 's nicht verstehen will,
muss nie gekannte Wunden lecken ...



(c) Bettina Lichtner

Samstag, 24. Januar 2015

Irgendwie verkehrt



Lass' mich nicht zurück auf Erden.
Bleibe mir, es ängstigt mich.
Denn was soll nur aus mir werden?
So alleine ..... ohne dich??

Ohne dich zu meiner Linken,
hab' ich nur den halben Wert.
Von der Traurigkeit zu trinken,
scheint mir irgendwie verkehrt.

Einen Kuss will ich dir geben,
doch die Lippen schloss der Tod.
Schloss das ganze schöne Leben,
das sich just so köstlich bot.

Ach, dein Arm soll mich umschlingen.
Und dein Wort mir tröstend sein.
Nimmermehr wird es gelingen.
Und ich fühle mich so klein.

Gar so klein vor diesen Mächten,
die ja nicht in unsrer Hand.
Wenn wir 's auch nicht hören möchten:
alles baute sich auf Sand.




(c) Bettina Lichtner

Freitag, 23. Januar 2015

Kleines Täubchen




's lag ein Täubchen auf den Steinen,
dessen letztes Stündlein schlug.
Keiner wollte es beweinen,
denn der Mensch ist sich genug.

Keiner wollte es begraben.
Und die Elstern wittern Fraß,
ebenso die schwarzen Raben.
Armes Täubchen. Bist nun Aas.

Hast doch eben noch geflattert
und so allerliebst gegurrt.
Doch der Tod hat dich ergattert
und dich fest an sich gezurrt.

Durch die Federn streicht nun leise
noch der kalte Winterwind.
Kleines Täubchen, gute Reise.
Alles endet, was beginnt.

Deine Seele fliegt ins Blaue.
Deinen Körper frisst man auf.
Wenn ich 's gar so recht beschaue:
's ist der immerforte Lauf ...



(c) Bettina Lichtner

Donnerstag, 22. Januar 2015

Der leere Platz



Da ist er nun, der leere Platz
(was für ein trauerschwerer Satz).
Der leere Platz in unsrem Kreis,
den keiner zu begreifen weiß.

Der leere Platz ... wie weh das tut!!
Dass deine Seele ewig ruht,
das will nicht in den Kopf hinein.
Ja, ja, ich sollte tapfer sein.

Doch Tapferkeit ist hartes Brot.
So bist du also wirklich tot,
und lässt die Stille uns an Bord.
Gehst einfach aus dem Leben fort,

obwohl 's noch nicht zu Ende war.
Der schlimmste Albtraum wurde wahr.
Herrgott, was man ertragen muss ....
Und immer weiter fließt der Fluss.

Und immer weiter geht die Hatz.
Was bleibt ist dieser leere Platz,
den jeder hinterlassen wird,
wenn seine Zeit dem Tod gehört.



(c) Bettina Lichtner

Mittwoch, 21. Januar 2015

matt & müde



Kein Tag und keine Nacht verstreicht
mir ohne eine Träne.
Die Seele ist schon durchgeweicht.
Sie hat den tiefsten Punkt erreicht,
und zeigt mir schon die Zähne.

Sie fühlt sich matt und ausgelaugt,
vernachlässigt und müde.
Doch dieser Schmerz .... er saugt und saugt,
und weil er nur zum Weinen taugt,
verkrümelt sich der Friede.

Der Friede, den ich dringend brauch',
das Herz zu balsamieren.
Und auch den Geist, die Seele auch ....
Mir liegt das Leid so schwer im Bauch,
gewillt, Regie zu führen.

Und es behält die Oberhand,
so sehr ich mich auch wehre.
Es zieht kein einz'ger Tag ins Land,
und keine Nacht, da im Verstand
der Friede heimisch wäre ...



(c) Bettina Lichtner

Dienstag, 20. Januar 2015

Nichts ist normal



Normalität kam dem Alltag abhanden.
Nichts ist normal, wenn der Tod sich gesellt.
Sämtliches wird in den Schatten gestellt,
wenn erst die Zeiten im Ewigen stranden.

Alles ist anders. Die Welt, die gewohnte,
hat sich komplett um die Achse gedreht.
Nichts, was vertraut auf dem Lebensweg steht,
und was beizeiten den Atemzug lohnte.

Räume, die eben das Leben erfüllte,
sind mit der Farbe des Abschieds bemalt.
Aber die Liebe, die macht sich bezahlt:
sie ist die Kraft, die die Trauer mir stillte.

Wenn es die Liebe nicht gäbe ... ich schwöre,
hätte ich längst mir ein Ende gesetzt.
Doch weil die Liebe uns weiter vernetzt,
trag' und ertrag' ich die bittere Schwere,

die mir erscheint wie die schrecklichste Bürde.
Welch eine Prüfung! So hart wie ein Stein.
Doch ich muss lernen, belastbar zu sein,
wenn ich auch lieber dich hier haben würde ...



(c) Bettina Lichtner

Donnerstag, 15. Januar 2015

Nicht meine Welt



Ach du, nun bist du fort. So weit.
Ich kann die Hand dir nicht mehr reichen.
Der Schmerz in mir ist ohnegleichen.
Hab' tausend Dank für all die Zeit ...

Das Leben, das mir übrig bleibt,
so ohne dich, ist keine Freude.
Und während ich mich weinend weide,
hast du mein Herz dir einverleibt.

Nun ist es dein. Dein Tod ist Trug!
Ich kann dich bis zur Gänze fühlen.
So lass uns innen weiter spielen.
Mein Herzschlag, du, mein Atemzug.

Der Abschied ist nicht meine Welt.
Ein Abschied hat so was "für immer".
Doch ach, ich hab' den leisen Schimmer,
als ob uns was zusammenhält ...



(c) Bettina Lichtner

Sonntag, 11. Januar 2015

Der tiefere Grund



Ein Temperatursturz zu herrlichster Stunde.
In wohligster Wärme nun Kälte und Eis.
Es breitet sich eilig die schreckliche Kunde:
der Tod hat entschieden, ganz heimlich und leis'.

Er fischte sich einen, der 's nimmer je dachte,
und stoppte den Atem und all seine Zeit.
Die Übrigen weinten. Der Tod aber lachte.
Der Seele der Himmel. Dem Leib das Geleit.

Der Tod trug behutsam den Gast in die Höhe.
Und tausende Engel empfingen ihn lieb.
Die Übrigen riefen: "Dein Wille geschehe!",
und waren im Herzen doch traurig und trüb.

Der Platz in der Mitte bleibt ewig verlassen.
Die Stimme verklungen. Verschwunden der Blick.
Der Tod hat den Übrigen eines gelassen:
ein Herz voller Liebe und währendes Glück.

Das Glück und die Liebe. Des Todes Präsente.
Ein tröstendes Paar in der schmerzlichsten Stund'.
Und wenn auch der Tod ein- vom anderen trennte,
so liegt doch in allem ein tieferer Grund.



(c) Bettina Lichtner

Sonntag, 4. Januar 2015

Ich will es so!



Es passt der Welt das Trauern nicht.
Sie zwängt mich in die Zuversicht,
sie quetscht mich in ein frohes Kleid,
und lässt mir nicht das Leid.

Ach, was versteht man draußen schon
von meinem innren Trauerton.
Die Floskeln nehmen überhand,
ich fühl' mich überrannt.

Kapiert Ihr 's nicht? Ich will es so!!
Ich will nicht heiter sein noch froh.
Die Tränen sind mein täglich Brot
und auch mein Rettungsboot.

Was schert Ihr Euch um mein Gemüt?
Ihr hättet gerne, dass es blüht,
doch so wie einst, erblüht 's nicht mehr.
Und Ihr macht 's doppelt schwer.


(c) Bettina Lichtner

Freitag, 2. Januar 2015

Die ewige Knospe



Hättest dich so gern entfaltet.
Wärst so gerne aufgeblüht.
Doch die Zeit war knapp verwaltet
und du starbst verfrüht.

Wolltest gerne Wurzeln schlagen,
sehntest dich nach Sonnenlicht.
Aber ach, was soll ich sagen -
sahst die Sonne nicht.

Kämpftest um dein kleines Leben.
Wirst mir stets ein Vorbild sein.
Hast mir soviel Kraft gegeben,
bleibst im Herzen mein ...

Musstest diese Welt verlassen
mit dem ersten Atemzug.
Wünsch' dir - ist 's auch schwer zu fassen -
einen guten Flug.


(c) Bettina Lichtner

Donnerstag, 1. Januar 2015

So geht es dauernd




Ich hab' geträumt, du seist gesprungen.
Vom Stern herab, mir in den Arm.
Da hab' ich dich sogleich umschlungen,
und hielt wärmer noch als warm.

Ein schöner Traum. Dann riss der Wecker
dich aus den Armen, früh um vier.
Was nützen Tobsucht und Gemecker?
Bei Tage gehst du fort von mir.

Doch steht die nächste Nacht schon lauernd,
und bringt dich träumend wieder her.
So geht 's seit deinem Tode dauernd ....
Ich liebe ja die Nacht so sehr.

Da springst du nieder von den Sternen.
Ich halt dich warm und halt dich fest.
Musst du bei Tag dich auch entfernen,
es ist die Nacht, die dich mir lässt.


(c) Bettina Lichtner