Als unser Herrgott einst Blumen schuf,
stand jede da auf Seinen Ruf,
und alle in bestem Gewande kamen
und fragten, sich neigend, nach ihrem Namen.
Der Herr benannte die tausend Gestalten
und bat, die Namen wohl zu behalten.
Da kam so plötzlich ein Blümchen zurück,
und sagte mit einer Träne im Blick:
"Ich habe in dem großen Verein
vergessen, Herr, den Namen mein."
Der Herr, sich freundlich neigend, spricht:
Vergissmeinnicht.
Das Blümchen dachte der Rede nach,
zog sich zurück an den stillen Bach.
Sein blaues Auge, sein gelber Stern
beglücket jeden von nah und fern.
Wenn gute Menschen vorübergehen,
und dieses freundliche Blümchen sehen,
wenn stille Liebe es sinnend bricht,
aus ihm noch die liebliche Stimme spricht:
Vergissmeinnicht.
© aus "Almanach des k.k. Nationaltheaters Innsbruck für das Jahr 1858,
gewidmet von Johann Jakob Saller (Bibliothekar, Sekretär und Souffleur des o.g. Theaters)