Donnerstag, 25. November 2021

Nach dem Sterben das Gericht

Es ist uns allen bestimmt, einmal zu sterben, und darauf folgt das Gericht.

(Hebräer 9, 27)


Die Zeit ist vorüber, wo man an die Gräber geht, um zu lernen, wer man ist. Es ist nicht mehr modern, dass man sich an das Sterben erinnert, man verschont sich damit. Und wenn es hoch kommt, umkleidet man die Furchtbarkeit des Todes mit allerlei Blumen und Gebinden, und den Ernst des Sterbens lässt man sich von einer leuchtenden Flamme erleichtern, als ob dadurch das Sterben leichter würde, wenn der Leib alsbald in Asche zerlodert. Je mehr ich weiß, was es ums Sterben ist, und je mehr ich mich an das Sterben gewöhne, desto mehr merke ich, dass, wenn ich an einem Grab stehe, an einen Sarg trete, hier ein Stück Ewigkeit bloßgelegt ist, denn an diesem Sarg hält ein heimliches Gericht Wache, und bei jedem Grab steht das ernste Wort:

"Es ist uns allen bestimmt, einmal zu sterben, und darauf folgt das Gericht."


© Hermann Bezzel (1861-1917)

Sonntag, 21. November 2021

!!


 

                                                      Gut, 

                                           dass es im Himmel 

                                   keine Trennung mehr gibt !!

Samstag, 20. November 2021

Bist du bei mir ...

 

Bist du bei mir, geh' ich mit Freuden

zum Sterben und zu meiner Ruh,

zum Sterben und zu meiner Ruh.


Bist du bei mir, geh' ich mit Freuden

zum Sterben und zu meiner Ruh,

zum Sterben und zu meiner Ruh.


Ach, wie vergnügt wär' so mein Ende,

es drückten deine schönen Hände

mir die getreuen Augen zu.


Ach, wie vergnügt wär' so mein Ende,

es drückten deine schönen Hände

mir die getreuen Augen zu.


Bist du bei mir, geh' ich mit Freuden

zum Sterben und zu meiner Ruh,

zum Sterben und zu meiner Ruh.


© Johann Sebastian Bach (1685-1750)

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Der Sinn im Ganzen?


Was ist das Leben,

das uns entrissen wird von jetzt auf gleich?

Du dünktest dich auf Erden reich,

und dachtest eben,

welch Schmerz es wäre, jetzt zu sterben.

Schon fällt der Hut an deine Erben.


Was sind schon Stunden?

Sie fliehen, schwinden deiner hohlen Hand,

und treiben dich durchs Niemandsland.

Du bist gebunden

an ihre schwindenden Minuten,

derweil der Tod mahnt, dich zu sputen.


Was bringt das Reisen

durch dieses dunkle Tal der kleinen Welt?

Hier ruft zur Jagd das schnöde Geld

auf tausend Weisen,

doch immer sitzt der Tod im Nacken,

bereit, dich unverhofft zu packen.


Der Sinn im Ganzen?

Mit Gott zu sein, und ihm sich anvertraun!

Mit ihm die kleinsten Wunder schaun!

Im Schmerz zu tanzen!

Sich ihm in Liebe zuzuwenden,

und mit ihm diesen Lauf vollenden!



© Bettina Lichtner 

Dienstag, 12. Oktober 2021

Mit der Zeit

 


Mit der Zeit geht alles vorbei.

Man vergisst das Gesicht.

Man vergisst die Stimme.

Man vergisst das Herz, wenn es nicht mehr schlägt.

Es ist nicht der Mühe wert, weiter zu suchen.

Man muss es geschehen lassen.

Das ist sehr gut so.



aus Léo Ferré (Avec le temps)

Sonntag, 10. Oktober 2021

Aus Engelssicht

 



Wir gehen zu dem Grab eines Freundes und sagen: 


"Ein Mensch ist gestorben."



Aber die Engel drängen sich darum und sprechen: 


"Ein Mensch ist geboren."



(c) Henry Ward Beecher, 1813-1887

Vor dem Aufsprießen

 


Kinder, die früh sterben gleichen den Frühlingsblumen, deren Blüten schon vor dem Aufsprießen entwickelt sind. Sie brechen nur aus dem Boden hervor, blühen und vergehen. Danken wir Gott für die Frühlingsblumen unter den Menschen ebenso wohl wie für die unter dem Gras des Feldes!


(c) Henry Ward Beecher, 1813-1887

Mittwoch, 7. Juli 2021

Über dir Blumen


Ich habe schon üppiges Gras auf Grabhügeln wachsen sehen und Blumen aus den Ritzen von Grabsteinen hervorsprossen sehen. Der Leichnam mit seiner Verwesung, seinem Moder und seinen verfallenen Gebeinen liegt unter den duftigen Blumen.


(c) Henry Ward Beecher (1813-1887)

Unaussprechlicher Verlust


Viele Leute blicken nicht eher nach dem Himmel, als bis sie durch das Grab ihres kleinen Kindes dahin sehen lernen. Oder dadurch, dass sie ihre Frau verlieren, die nicht nur die bessere Hälfte, sondern oft der ganze bessere Teil ihrer selbst ist - durch diesen unaussprechlichen Verlust, der das Haus verdüstert, das ganze Leben verdüstert, den Jahren den Lebensodem entzieht und den Mann durch die Welt tappen lässt wie einen, der am Mittag mit Blindheit geschlagen ist.


(c) Henry Ward Beecher (1813-1887)

Dienstag, 29. Juni 2021

Wenn ich sterbe

 


Legt rote Rosen mir um meine Stirne,

im Festgewande will ich von euch gehn,

und stoßt die Fenster auf, dass die Gestirne

mit heiterm Lächeln auf mein Lager sehn. 


Und dann Musik! Und während Lieder schallen,

von Hand zu Hand der Abschiedsbecher blinkt,

mag mählich über mich der Vorhang fallen,

wie Sommernacht auf reife Felder sinkt.



(c) Gustav Falke (1853-1916)

Dienstag, 13. April 2021

Die Liebe ist die Königin

 


Ich habe dich zurück geliebt,

zurück zu mir,

zurück ins Hier.

Nun ist es wieder ungetrübt -

das Wir.


Mit meiner ganzen Herzenskraft,

mit Zuversicht,

die Bände spricht,

hab' ich den schweren Gang geschafft

zum Licht.


Die Hoffnung blieb mir treu zur Seit',

hat Tag und Nacht

mich brav bewacht,

und nahm der Trauer mit der Zeit

die Macht.


Die Liebe ist die Königin! 

Ihr diene ich!

Sie tröstet mich

und lässt mich spür'n, wie stark ich bin

für dich .....



(c) Bettina Lichtner

Donnerstag, 8. April 2021

Mit kleinen Schritten ...

 



Mit kleinen Schritten, gemessen, gemessen,

die Strecke des Weges, die schwierig ist, gehn.

Das Schöne erinnern, das Schlechte vergessen.

Und schweigend die Zeichen der Hoffnung verstehn. 


(c) Eva Strittmatter (1930-2011)

Sonntag, 28. März 2021

Vom Tod

 


Dann sprach Almitra: Wir möchten nun nach dem Tod fragen.

Und er sagte:

Ihr möchtet des Geheimnis des Todes kennenlernen. Aber wie werdet ihr es finden, wenn ihr es nicht im Herzen des Lebens sucht?

Die Eule, deren Nachtaugen am Tag blind sind, kann das Mysterium des Lichts nicht entschleiern.

Wenn ihr wirklich den Geist des Todes schauen wollt, öffnet eure Herzen wie dem Körper des Lebens.

Denn Leben und Tod sind eins, so wie der Fluß und das Meer eins sind.

In der Tiefe eurer Hoffnungen und Wünsche liegt euer stilles Wissen um das Jenseits;

Und wie Samen, der unter dem Schnee träumt, träumt euer Herz vom Frühling. 

Traut den Träumen, denn in ihnen ist das Tor zur Ewigkeit verborgen.

Eure Angst vor dem Tod ist nichts als das Zittern des Hirten, wenn er vor dem König steht, der ihm zur Ehre die Hand auflegen wird.

Freut sich der Hirte unter seinem Zittern nicht, daß er das Zeichen des Königs tragen wird?

Doch gewahrt er sein Zittern nicht viel mehr?

Denn was heißt sterben anderes, als nackt im Wind zu stehen und in der Sonne zu schmelzen?

Und was heißt nicht mehr zu atmen anderes, als den Atem von seinen rastlosen Gezeiten zu befreien, damit er emporsteigt und sich entfaltet und ungehindert Gott suchen kann?

Nur wenn ihr vom Fluß der Stille trinkt, werdet ihr wirklich singen.

Und wenn ihr den Gipfel des Berges erreicht habt, dann werdet ihr anfangen zu steigen.

Und wenn die Erde eure Glieder fordert, dann werdet ihr wahrhaft tanzen.


(c) Khalil Gibran (1883-1931)

Samstag, 27. März 2021

Gib uns Gnade ...


 

O gütigster Jesu, wir bitten mit Demut und herzlichem Vertrauen, durch die bittere Verlassenheit und unbegreiflichen Schmerzen, welche Du für uns ausgestanden hast als deine allerheiligste Seele von deinem geheiligten Leibe abgeschieden, Du wollest Dich über unsere Seelen erbarmen, wenn sie aus unserm sündhaften Leibe abscheiden werden. Gib uns die Gnade, daß wir getrost im letzten Augenblick sagen können: 

O Jesu, in dein Herz empfehle ich meinen Geist. 


(c) Gebet aus dem Wallfahrts-Büchlein von Maria-Hilf in Odern, 1894



Freitag, 26. März 2021

Totenfeier


 

Ein Sarg wird zu Grabe getragen. Wenn niemand darum trauert, dann ist's erst recht ein trauriges Ding; wir wissen freilich davon, daß solche Lebensläufe mitten durch unsere Stadt sich winden, vielleicht in dem Hause neben dem unsrigen dahinsiechen, und wir schämen uns solcher Schmach, in die das Leben unseres Zeitalters gesunken ist, und uns graut vor dem Fluch solchen "Gemeinschaftslebens", das einen sterben und verderben läßt in geschwisterloser Einsamkeit, wie das kranke Wild im Wald sich verklüftet, wie im Dreißigjährigen Krieg der vom Haus vertriebene Bauer hinterm Zaun verdarb. Aber der Sarg, den wir zu Grabe geleiten, birgt für einige ihr höchstes Glück - des Kindes Sarg das unerfüllte Glück der Eltern; Geschwistern weinen um den Bruder und die Schwester, Mann um Weib und Weib um Mann, und der alten Mutter, dem alten Vater folgen die Kinder, und müssen es erfahren, daß einem die Eltern wohl immer zu früh sterben, auch wenn man selbst schon das Alter nahe spürt. 

Das ist wohl eine bittere Stunde. Es müssen schon stumpfe Gemüter sein, die das als ein unabänderliches Geschick über sich ergehen lassen. Der, welcher diesen Abschied geboten hat, weiß von der Not, wenn Mensch von Mensch gerissen wird, die einander zugehört und ihr Leben auf das des anderen gestellt haben; und weiß, wie die nun als finstere Wolke heraufziehende Einsamkeit das Gemüt umschattet und bedroht; er hat dem Schmerz das Recht und die lindernden Tränen gegönnt - das soll nicht mit allzu billigem Trost weggeschwätzt werden.

Aber Not und Tod ist nicht sein letztes Wort, und Tränen und Trauer darf nicht das unsre sein. Eine Totenfeier, ein Grabbegängnis ist etwas anderes als ein Klagefest; wer das nicht erkennt, der hat's bös versehen. 

Sie kommen schwarz verhüllt - das ist recht und ist die gebotene Höflichkeit gegen die Leidtragenden und Ehrfurcht vor dem wirklichen Leid. Sie folgen in tiefem Schweigen dem Sarg, den Hinterbliebenen, denen sie das Geleit geben. Das ist gleichfalls recht, und es wäre notwendig, manchem Trauergast das so scharf und so eindrücklich zu sagen, wie man einem schlecht erzogenen Menschen den nötigsten Anstand scharf und eindrücklich beibringen muß. Aber sie meinen nun, aller Sinn eines Leichenbegängnisses stehe allein in der Trauer, und es dürfe keinen Trost geben, und wer nicht ganz und gar in der Trauer versänke, habe kein Herz - das ist eine armselige Trauer! Die Hinterbliebenen sind in der Gefahr, unter dem Schrecken der Abschiedsstunde, vielleicht unter dem Grauen der letzten Wochen, die sie um ihren Geliebten erleben mußten, dem Tod das letzte Wort zu lassen und dem Leben und aller Hoffnung abzusagen - eine falsche Teilnahme bestärkt sie darin und macht aus der Totenfeier einen Triumph des Todes.

Es ist hinter der zur Schau getragenen Trauer manches Teilnehmers an einem Leichenbegängnis viel Unwahrhaftigkeit und Schauspielerei; die Gebärde verstellt sich für eine Stunde lang auf Trauer, die Züge verkrampfen sich - man kann es ja nicht verbergen, wie Innen und Außen nicht übereinstimmen, darum wird das feierliche Gesicht zur Grimasse; oft kommt gar noch die Eitelkeit dazu, sich im Ausdruck der Trauer den Hinterbliebenen gegenüber besonders hervorzutun, etwas Besonderes zu sagen, die Worte zu übertreiben. Das alles frommt nicht - so wie Unwahrhaftigkeit nirgends frommt. Den Angehörigen kann das am allerwenigsten Trost sein. Zu einem schlichten Mitfühlen, Mitdenken, Mitleiden, einem geschwisterlichen herzlichen Segenswunsch für die, die nun im harten Kampf mit der schweren Wirklichkeit des ernsten Gottes stehen, wird man sich nicht zu zwingen brauchen. Das kommt von Herzen und ist wahrhaftig, und ist der Anteil an Trost, den wir geben können, und anderes ist uns versagt. 

Gott helfe allen armen Trauernden, daß sie die Totenfeier nicht zu einer Orgie der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung verderben; und mache die Lippen derer, die an einem solchen Sarge ein Wort zu sagen haben, weise und stark, daß ihnen das rechte Wort gegeben werde.

Ein Sarg wird zu Grabe getragen. Drin liegt ein rechtschaffener Mensch, der seine Arbeit getan hat mit Müh und Not - nicht sieghaft, nicht heldisch, nicht ohne Schwierigkeit, sondern wie wir alle es zumeist tun: mitteninne zwischen gut und böse, zwischen tapfer und feig, zwischen klug und töricht - ach, was bedarf es der Schilderung dessen, was ein Mensch und sein Werk ist !

Daß man am Grabe Dank sagt für alles, was in einem nun beendeten Erdenleben fruchtbar war, das ist recht, und geschähe es nicht, so wäre es schnöde. Ist es nicht alles Dankes wert, wenn ein Leben seine Arbeit gefunden hat, wohl gar fröhlich sein durfte in seiner Arbeit? Wenn es sich im Dienst und in der notvollen Freude an denen, die ihm anvertraut waren, erfüllen durfte? Wenn es fruchtbar werden durfte für die, die ihm Umkreis standen? Wenn es reif und weise werden durfte? Wenn es erfahren durfte die großen heimlichen Dinge: tausendfache Behütung des Leibes und der Seele, tausendfache Vergebung heimlicher Schuld, tausendfältig alle die Dinge, die einen Menschen erfüllen, demütigen, begnadigen? Sollen Worte an einem Grabe gesprochen werden, so soll diese Stimme der Dankbarkeit nicht vergessen werden. Es mag auch wohl sein, daß ein schlichtes Dankwort gesagt werden darf über den Menschen, der nun zum Feierabend gekommen ist - daß er recht und treu gesorgt hat, daß er fruchtbar geworden ist in seinem Dienst, in seinem Volk, in seiner Gemeinde, denn die Treue ist ein schüchternes Ding und hat es wohl nötig, daß man sie immer aufruft, und wenn ein wirklich Treuer dahingeht, so predigt seine Treue dem jungen Volk, das erst Treue noch lernen muß, übers Grab hinaus. 

Aber daß doch alles bescheiden bleibe und alle Worte, die Menschen zu Lob gesagt werden, demütig klingen und mit Furcht und Zittern, und daß sie nicht zu laut tönen! Denn wer wirklich im Kampf des Lebens gestanden ist und gemerkt hat, wie alles Gnade ist und sonst nichts, dem kommt es als die Lüge aller Lügen vor, wollte man um ihn und seiner Menschlichkeiten ein großes Wesen machen, und wenn er groß Wesens gemacht sieht von anderen, so ekelt's ihn bis zum Tod. Oder es wird ihm über die Maßen lästerlich und lächerlich zugleich.

Das ist eine unausrottbare Seuche und verfälscht und entwürdigt so viele Totenfeiern: daß das Menschliche sich noch einmal aufreckt und zur Geltung bringen möchte, wo das Menschliche eben überwunden und von sich selbst erlöst werden soll.

Wo sitzt der Schaden? Wo liegt der Schwindel - denn es ist nichts anderes als Schwindel! Gemeiniglich, wer vor des Todes Tür steht, dem vergeht der Kitzel des Ruhmes und Menschenlobes, und von ihm fällt der falsche Dünkel und die Theaterpose ab, und er reift in den Stunden der Sichtung, daß ihm nichts mehr liegt an dem Lob der Menschen, sondern nur an der Erbarmung dessen, der sich durch menschliche Taten und menschliches Scheinen nicht blenden läßt, und daß er nur noch der einen Bitte mächtig ist, daß ihm Gott gnade. Aber es reifen nicht alle aus ihrer Eitelkeit heraus. Selbst alte Menschen gibt es, die sich sorgfältig darum bekümmern, daß von ihren wirklichen oder eingebildeten Tugenden und Heldentaten nicht eine verlorengehe, nicht eine unerwähnt bleibe, und daß ein bengalisches Feuer ihren erhabenen Lebenslauf beleuchte. 

Es sind aber zumeist die Angehörigen, die bei der Totenfeier meinen, nun gelte es Lob und Ruhm; und wo nicht Lob und Ruhm geredet werde, da werde schlecht geredet. Sie sind es, die da meinen Trost gewinnen zu können, wenn der Abgeschiedene ihnen in menschlicher Gloriole gezeigt wird; sie färben im vorhinein dem Redner die Worte nach ihrem eitlen Bedürfnis; sie machen das Ordentliche zum Außerordentlichen, das Schlichte zum Ungewöhnlichen. Was treibt sie denn, daß sie über den Toten nur Ruhm und immer wieder Ruhm hören wollen? Ist's, daß sie auf solche Weise des Todes Schrecken zu vertreiben suchen? Sind sie so kümmerlichen Geistes, daß sie allen Ernstes glauben, daß Nachruhm und Menschenlob den Tod besiege und daß der Lobpreis der Hinterbleibenden schon ewiges Leben bedeute? Im Dichtermund mag es einmal klingen, aber auch da gehört es zum Schwächsten und Verlegensten, was einer sagen kann: daß nämlich unsterbliches Gedächtnis bei den Menschen schon Unserblichkeit der Gestorbenen wäre - abgesehen davon, wie kurz solche Unsterblichkeit selbst bei den Großen dauert und wie solcher Nachruhm oft noch vor dem Leichnam vermodert. 

Und wenn die Angehörigen auch gewillt sind, zu dieser Stunde dem Menschlichen seine menschliche, Gott aber seine ewige und göttliche Ehre zu geben, so ist da eine Gilde, die es nicht zulassen will: so manche unter denen, die entweder reden sollen oder reden wollen. Der Geistliche, der die Grabrede hält, weiß ja wohl, wessen Wort er zu sagen hat und an wen er heilig gebunden ist, aber - nun kommen die Kranzniederlegungen und Nachrufe! Ein Redner tritt vor - im Bewusstsein der Bedeutung dieser Stunde und dieses Amtes. Er spricht sehr laut, sieht die "hochansehnliche Trauerversammlung", rollt tönende Worte, feierliche Sätze. Offenbar liegt auf dem ganzen Gottesacker kein so unvergleichlicher Mensch wie der Tote; es gab seit langem keinen so vorbildlichen Charakter, keinen so aufopfernden Freund, keinen so fürsorglichen Gatten und Vater - die Rede rollt immer weiter -, bis zur Kranzniederlegung, zum dreifachen Schaufelwurf, zum gerührten Händedruck, den der Redner der Witwe und den Kindern des Verstorbenen gibt; die Rührung und den Stolz über seine eigene Rede merkt man ihm deutlich an. Ist nicht vielleicht der Tote eigentlich dazu gestorben und die schöne Leichenfeier dazu veranstaltet, daß er auf diesen Leuchter das strahlende Licht seines rednerischen Meisterstücks stellen kann?

Wie kann doch die Sprache verlogen sein!

Ein andermal: ähnliche Kränze, ähnliche Vereinsredner. Diesmal ist es ein weniger Selbstbewußter. Aber es gibt ja, wie Liebesbriefsteller, so auch gedruckte Ratgeber für Reden in allen Lebenslagen. Eine solche Rede hat er auswendig gelernt. Der Tote war ein schlichter Mann ohne große Worte. Nun säuselt's und duftet's blumig über sein Grab in Sätzen, wie sie kein Mensch zum Mensche sagt; tönt's von ewigem Gedenken und von unvergeßlich und den nicht vergehenden Werken, und vom gewissen Trost durch die Erinnerung, denn "tot ist nur, wer vergessen ist" - ein ganzer Korb von Redeblumen, künstlichen freilich. Am Schluß kommt richtig der alberne Satz: "Möge ihm die Erde leicht sein!" Du klapperndes Mundstück, was meint denn die schwülstige Phrase? "Möge ihm die Erde leicht sein" - wer kann sich denn das geringste dabei denken?

Wie kann doch die Sprache leer sein!

"Aber schön, sehr schön hat er gesprochen", höre ich hinter mir zwei Klatschbasen sprechen. Sie sind von der Sorte, die immer Zeit hat, die bei jedem Begräbnis teilnimmt, auch wenn es sie auf hundert Meilen nichts angeht; die daraus sich ein Fest der Neugier und der Rührung macht und die der ingrimmige Hohn der Friedhofsgärtner und Totengräber die "Friedhofshyänen" und "Leichenfliegen" nennt.

Es sind manche Vereine und Berufskreise, die haben einen festen Brauch und üben ihn bei jedem der Ihrigen, den sie zu Grabe tragen. Der Sprecher tritt vor, legt einen Kranz nieder und sagt, ob es nun ein Großer oder Kleiner war, der im Sarg liegt, nur einen einzigen Satz. "Wir legen in treuem Gedenken diesen Kranz am Sarge unseres lieben Freundes nieder", oder einen ähnlichen, warm und schlicht.

Wie schön kann doch die Sprache sein, wenn sie in der Einfalt bleibt. 

Es ist eine Quelle des Trostes vorhanden, die lassen wir uns nicht nehmen. Wie furchtbar wäre es, wenn sie nicht mehr flösse! Wie können wir es uns doch so gar nicht leisten, unsere Trauer, ja unser Leben zu tragen ohne diesen Trost! Er muß am Sarg gesagt werden; er begehrt nach der ganzen Welt, er wirbt um jedes Gemüt, das seiner bedarf - und welches könnte ihn wirklich entraten? Der Trost des Herrn über den Gottesacker und über das Leben und über alle Trauer und alle Herzen. "Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet" - wähnt einer, daß das auch nur ein Dichterwort sei? Dahinter steht mit seinem Eid und Willen der, der in seiner Leutseligkeit zu der gefallenen Kreatur sich niederbeugt. Er hat sein Handeln darauf abgestellt, sein Herz darauf gerichtet, daß Dämmerung und Tod und Fluch und Verzweiflung es eben  n i c h t  gewinnen, sondern sein Wille, der einstens über aller Kreatur sprach: "Es ist alles sehr gut", und der einst wieder das gleiche Wort sprechen will. Wenn er es aber sagt, dann ist es kein Wähnen und Wohlmeinen und Vertrösten, sondern dann ist es ein Werk und eine Tat und gilt, und es heißt  E r l ö s u n g.  Es ist vermeint dem Toten, der müde zu Grab gesunken ist; es ist vermeint den Trauernden, die sich selbst dem Tod in die Arme werfen möchten vor Angst und Weh. Es ist vermeint allem All, von den Sternen bis zu dem kleinen Wandervogel und dem Grashalm, der vor seinem Auge steht wie alle seine Kreaturen. Es wird geschichtliche Wirklichkeit, nicht menschliche Sage; es ist ein unüberhöhrbarer Gruß an jeden einzelnen, der guten Willens ist, in Einfalt zu hören und sich nicht zu verstocken, und er hat seine feste Ordnung getroffen, daß es gesagt werde unverkürzt und unverfälscht: dafür ist sein geprägtes Wort gegeben, dafür hat er seine Boten in Eid und Pflicht genommen, daß sie bei Strafe seines Zornes nicht verkünden trostlose Trauer, nicht sich verführen lassen zu Huldigungen an die Wehmut des Todes oder an die menschliche Tugend der Abgeschiedenen oder sonst an irgendeine Eitelkeit, sondern "rein und lauter", wie die Väter so schön sagten, es verkünden.

Von Gott her ist das Wort fest gegeben, und es hat hundert und hundert Klänge und Grüße und ist doch auf den einen Ton gestimmt: "Nicht Tod, sondern Leben." Aber Menschen ist es anbefohlen.

Welchen Menschen?

Denen, die es ausrichten, wie es ihnen aufgetragen ist; daß sie es treulich sagen in seiner ganzen unbegreiflichen und übermenschlichen Gewalt, und daß sie es sich auch nicht durch die wehleidigste Gefühligkeit, durch die eitelste Erwartung der "Trauerversammlung" verdrehen lassen. Gott gibt das Wort; sie sagen es, wie er es ihnen aufträgt; und wie es wirkt und gefällt, danach haben sie nicht zu schielen.

Welchen Menschen ist's gegeben? Den Trauernden, daß sie ehrfürchtig werden vor dem, der größer ist als der Schmerz und als der Tod; daß das ersterbende Herz erwache aus seiner Ohnmacht, sich aufraffe aus seiner Dumpfheit, sich zurückrufen lasse aus Verstopfung und Trotz; daß es nur einen Spalt dem heilen Wunder öffne, das es allein und gerade zu dieser Stunde meint. 

Wem ist es anvertraut? Allen, die gekommen sind, um mit den Weinenden zu weinen, aber auch mit ihnen sich trösten zu lassen. Man bedenke wohl, wie es sein müßte: es sind nicht zufällig Anwesende; kommen sie am Sarge und unter dem Anruf Gottes zusammen, so sind sie - sagt es, so laut ihr's könnt, denn es ist ein edles und ein wahres Wort - so sind sie  G e m e i n d e. Sie hören das ewige Wort mit den Trauernden und lassen sich mit ihnen bezeugen, was es um Tod und was es um Leben sei; sie singen mit ihnen, oder, wenn jenen die Stimmen unter Tränen noch zittern, für sie die Lieder, in denen die Gemeinde auf Gottes Ruf antwortet und sich gegenseitig als Gemeinde begreift und grüßt; sie sagen mit den Trauernden im Gebet dem ewigen Herrn aller Dinge die menschliche Trauer, die des Trostes, die Sehnsucht, die der Erfüllung bedarf; sie empfangen im Gebet die Antwort Gottes, der dem Beter sich niederneigt - vor allem in dem Gebet, das er selbst gegeben hat; gleichwie die Leidtragenden werden sie eingehüllt in das ewige Wort, und wenn sie ihm standhalten, so tun sie den rechten treuen Dienst an den Betrübten und schaffen, daß um sie Gemeinde ist, - eben die Vorbedingung, die nach heimlichen Ratschluß den einzelnen bereit macht, den Segen zu empfangen, der ihm zusteht.

Wollt ihr nicht darüber nachsinnen, welche Kräfte des wirklichen Trostes bereit sind für die, die vom ewigen Trostwillen Gottes wissen, und von dem Botendienst seiner Getreuen, und von der Pflicht der Mittrauernden, daß sie aus einer Trauerversammlung eine Gemeinde werden, die mit den Leidtragenden und für sie den Segen empfängt, und für ein trauernden Herz, das sich dem ewigen Trost öffnet, der es sucht?


(c) Heinrich Schmid-Kugelbach (1885-1967)

Montag, 22. März 2021

Zieh hin, mein Kind


 

Zieh hin, mein Kind !

Denn Gott selbst fordert dich

aus dieser eitlen Welt. 

Ich leide zwar, dein Tod betrübet mich;

doch weil es Gott gefällt,

so unterlass ich alles Klagen

und will mit stillem Geiste sagen:

Zieh hin, mein Kind,

zieh hin, mein Kind !


Zieh hin, mein Kind !

Im Himmel findest du,

was uns vom Herrn gesagt;

in ihm allein ist Trost und wahre Ruh',

da wird kein Schmerz geklagt.

Hier müssen wir in Ängsten schweben,

dort kannst du ewig glücklich leben.

Zieh hin, mein Kind,

zieh hin, mein Kind !


Zieh hin, mein Kind !

Wir folgen alle nach,

sobald es Gott gebeut. 

Du eilest fort, eh Leid und Ungemach

dein zartes Herz bedräut. 

In Gottes Schutz bist du geborgen,

er wird für deine Seele sorgen.

Zieh hin, mein Kind,

zieh hin mein Kind ....


(c) Gottfried Hoffmann (1658-1712)

Sonntag, 21. März 2021

Ewigkeit


 

Die Blumen sehnen sich nach Tau

und die Saaten nach Regen;

mit Sehnsucht drängt die Erdenau

sich dem Himmel entgegen.

Die Sehnsucht nach dem Himmelslicht

treibt in die Höh die Bäume;

dem Christen genügt die Erde nicht,

sein Herz sucht höhere Räume.


(c) Friedrich Rückert (1788-1866)



Freitag, 19. März 2021

Mit stiller Stärke

 


Will die Seele dir verzagen

in der Leiden Übermaß, 

wehre deinem Mund die Klagen

und bewahre dich vor Haß.


Lies des Kummers tiefe Zeichen

auf so manchem Angesicht,

deinem Leid wird manches gleichen,

und das einz'ge ist es nicht.


Nein, der Menschen Tränen quillen

rings, soweit die Sonne scheint,

und nur der kann Tränen stillen, 

welcher bitter selbst geweint.


Trage drum mit stiller Stärke

all das Leiden, das dich kränkt;

zu der Liebe heil'gem Werke

ward es dir von Gott geschenkt.


(c) Ernst von Wildenbruch (1845-1909) 


Des Todes Stachel

 


Der Tod ist der Sohn der Sünde. Durch die Sünde ist er in die Welt gekommen, und von der Sünde nimmt er seine furchtbarsten Schrecken.

"Des Todes Stachel ist die Sünde." (1. Kor. 15, 56)

Sollte man es glauben, daß die Sünde, die sich so schön zu schmücken, die so verführerische Reize zu entfalten weiß, einen so hässlichen Sohn hat? Sie schämt sich seiner und möchte ihn verleugnen; sie prahlt, daß sie die Fülle des Lebens zu verschenken habe. Aber die Sünde hat noch nie die Wahrheit gesprochen, ihre ganze Schönheit ist Lüge, und wenn der falsche Schein, die Schminke auf ihren Wangen zerfließt, dann zeigt sich die Hässlichkeit, die ihr Sohn, der ehrliche Tod, offen zur Schau trägt. Im geheimsten ist sie verbündet mit ihrem Sohne, den sie vor der Welt nicht kennen will; sie führt ihm die Opfer zu und hat ihn ausgerüstet mit dem giftigen Stachel. Sie verbirgt ihre Grausamkeit, wie sie ihre Hässlichkeit verbirgt, die falsche, glatte Sünde, aber ihren Sohn, den Tod, hat sie genährt mit Haß und Feindseligkeit gegen alles Leben, und mit ihrem eigenen Geifer vergiftet sie seine Waffe. Wo die Sünde nicht hinkommen kann, da hat der Tod seine schlimmsten Schrecken verloren, aber wo sie Gewalt hat, da ist der Tod furchtbar. "Des Todes Stachel ist die Sünde."

Was ist denn das Sterben eines reinen Kindes, das die Sünde nicht kennt? Oder einer treuen Seele, die auf geraden Wegen durchs Leben gewandelt ist? Was will der Tod, wenn er das gute Gewissen als Wächter am Sterbebette sitzen findet? Da fällt ihm der Stachel aus der Hand. "Sehr schlimm ist der Tod der Sünder", sagt die Heilige Schrift.

Das Leben war wie ein Rausch, wie ein bunter Traum, der immer neuen Wechsel brachte und keine klare Besinnung aufkommen ließ. Mitunter pochte Gottes Wort an das Herz, die Gnade warf ihr Licht in das wüste Dunkel, und dann hat der Mensch halt gemacht und zurückgeschaut auf seinen Weg. Vielleicht hat er auch versucht, Ordnung zu bringen in die Angelegenheiten seiner Seele, aber das Leben zog ihn wieder in seine Kreise, ehe er völlig Ernst gemacht hatte. Es war ja noch weit bis zum Ende, es war immer noch Zeit für den Abschluss, man brauchte sich keine schweren Gedanken zu machen. Nun ist das Ende plötzlich nahe, und die schweren Gedanken kommen von selbst.

Wie wunderlich sieht das Leben aus, wenn man es rückwärts betrachtet, vom Sterbebette aus! So manches, was groß schien, ist klein geworden, so manches Unbeachtete drängt sich vor, und Niegesehenes tritt ins Licht. Wo sind die Freuden des verflossenen Lebens? Wie welke Blumen liegen sie farblos am Weg. Und die Leiden? Sie flattern fern wie dünner Nebelrauch. Wo stehen die Werke, die ich gewirkt habe, die Verdienste, die ich mir erworben habe? Es sind nur kümmerliche Trümmer, ein elendes Stückwerk, zum Teil wertlose Spreu, die der Wind schon verweht. Aber was drängt sich auf der durchmessenen Bahn, was kommt von allen Seiten herbei, was kriecht aus allen Winkeln hervor, ein freches, häßliches Gezücht, das so feindselig sich aufreckt und mit boshaften Blicken auf die zitternde Seele zielt? ----- Hilf Gott, es sind die Sünden! 

Da sind solche, die schon immer in der Erinnerung lauerten, stets bereit, ihr Haupt zu erheben mit lauter Anklage, die aber immer wieder mit Gewalt zurückgedrängt wurden; jetzt werfen sie alle Scheu beiseite und stürmen heran wie halbgezähmte Bestien, die in ihre alte Wildheit zurückfallen. Da sind andere, die halbvergessen schlummerten; jetzt sind sie erwacht und haben ihre schwarzen Augen weit geöffnet. Und andere kommen, die bisher harmlos ausschauten und nun auf einmal boshafte Züge zeigen; sie haben ihr ganzes Gesicht verändert. Und wieder andere, die sich verborgen hielten, kommen wie Kröten aus dem Dunkel. Es sind mehr, als der arme Mensch glaubte; seine flüchtige Rechnung, bei der er sich stets beruhigt hat, stimmt nicht; es sind viel mehr - es sind schrecklich viele - es sind zu viele!

Nun erheben sich allerlei Bedenken und Zweifel. Ist alles das recht begrüßt und gesühnt? Ist nicht manches zu leicht genommen oder in sträflichem Leichtsinne ganz übersehen worden? Es will der bangen Seele scheinen, daß sie das wichtigste Geschäft ihres Lebens vernachlässigt habe, und sie möchte zweifeln, ob das Versäumte jetzt noch gutzumachen sei,. Sie ist nun entsetzlich hellsehend geworden, jetzt, wo schon ein erster scharfer Lichtstrahl aus der nahenden Ewigkeit herüberdringt, und zugleich ist die arme Seele mit den schwindenden Körperkräften matt und mutlos geworden. Sie fühlt, wie die Herrschaft über sich selbst ihr entschwindet, wie die Klarheit des Bewusstseins, die das verflossene Leben so hell beleuchtete, sich mählich trübt, und wie die Phantasie beginnt, ihr wildes Wesen zu treiben. An die unerbittlichen Erinnerungen und die strengen Urteile des Gewissens reihen sich jetzt quälende Vorstellungen und entsetzliche Bilder, und die arme Seele wird im Fiebertraume umhergewirbelt wie ein welkes Blatt im Sturme. Geht es nicht schon abwärts - abwärts auf steiler Bahn mit rollenden Rädern in rasender Eile - schlägt nicht die rote Lohe schon empor drunten aus der dicken, qualmenden Finsternis - immer weiter - immer tiefer hinunter, hinein - wohin?

"Des Todes Stachel ist die Sünde?"

Wäre die Sünde nicht, so wäre das Sterben nichts. Wer wird unsere Seele halten, wenn diese Schrecken gegen sie anstürmen? Einer kann es und wird es tun.

"Dank sei Gott, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern Herrn Jesum Christum." (1. Kor. 15, 57)

Wir fassen die Hand des Herrn, die immer ausgestreckt ist, uns zu halten und uns zu helfen. Mag dann der Schrecken des Todes läuternd über unsere Seele dahingehen, so ist es die letzte Buße, die wir leisten sollen. "Tod, wo ist dein Stachel?"

Sein Gift hat sich gewandelt in ein Heilmittel.


(c) Augustin Wibbelt (1862-1947)

Dienstag, 16. März 2021

Herbstgefühl

 


Müder Glanz der Sonne!

Blasses Himmelsblau!

Von verklungner Wonne

träumet still die Au.


An der letzten Rose

löset lebensmatt

sich das letzte lose

bleiche Blumenblatt.


Goldenes Entfärben

schleicht sich durch den Hain.

Auch Vergehn und Sterben

scheint mir süß zu sein ....


(c) Karl v. Gerok (1815-1890)

Sonntag, 14. März 2021

Werde Licht ...

 


Es ist noch eine Ruh vorhanden!

Auf, müdes Herz, und werde Licht!

Du seufzest hier in schweren Banden,

und deine Sonne scheinet nicht.

Sieh auf das Lamm, das dich mit Freuden

dort wird auf seinen Auen weiden,

wirf hin die Last und eil' hinzu.

Bald ist der heiße Kampf geendet,

bald ist der schwere Lauf vollendet,

und du gehst ein zur ew'gen Ruh.


(c) Johann Sigismund Knuth (1700-1779)