Donnerstag, 8. September 2022

Die Rasenbank am Elterngrab


 

Ich kenn' ein einsam Plätzchen auf der Welt,

liegt ruhig still verborgen,

dort flieh' ich hin, wenn mich der Kummer quält,

dort klag' ich meine Sorgen.

Es liegt nicht weit, nicht weit von hier.

Der liebste Platz, den ich auf Erden hab,

das ist die Rasenbank am Elterngrab.


Da zieht 's mit Zaubermacht mich immer hin,

wenn Menschen mit mir streiten.

Dort merk ich nicht, daß ich verlassen bin,

dort klag' ich meine Leiden.

Da reden mir die Toten zu,

die Eltern mein in ew'ger Ruh.

Der liebste Platz, den ich auf Erden hab, 

das ist die Rasenbank am Elterngrab.


Und wenn ich einstens lebensmüde bin,

muß dieser Welt entsagen,

dann, guter Gott, gewähr' die Bitte mir,

laß mich zum Friedhof tragen.

Drückt mir der Tod die Augen zu,

dann legt mich dort zur ew'gen Ruh,

an jenen Platz, wo ich mein Liebstes hab,

dort bei der Rasenbank am Elterngrab.



© Verfasser unbekannt, um 1900 (alte Volksweise)