Es ist uns allen bestimmt, einmal zu sterben, und darauf folgt das Gericht.
(Hebräer 9, 27)
Die Zeit ist vorüber, wo man an die Gräber geht, um zu lernen, wer man ist. Es ist nicht mehr modern, dass man sich an das Sterben erinnert, man verschont sich damit. Und wenn es hoch kommt, umkleidet man die Furchtbarkeit des Todes mit allerlei Blumen und Gebinden, und den Ernst des Sterbens lässt man sich von einer leuchtenden Flamme erleichtern, als ob dadurch das Sterben leichter würde, wenn der Leib alsbald in Asche zerlodert. Je mehr ich weiß, was es ums Sterben ist, und je mehr ich mich an das Sterben gewöhne, desto mehr merke ich, dass, wenn ich an einem Grab stehe, an einen Sarg trete, hier ein Stück Ewigkeit bloßgelegt ist, denn an diesem Sarg hält ein heimliches Gericht Wache, und bei jedem Grab steht das ernste Wort:
"Es ist uns allen bestimmt, einmal zu sterben, und darauf folgt das Gericht."
© Hermann Bezzel (1861-1917)