Donnerstag, 14. Oktober 2021

Der Sinn im Ganzen?


Was ist das Leben,

das uns entrissen wird von jetzt auf gleich?

Du dünktest dich auf Erden reich,

und dachtest eben,

welch Schmerz es wäre, jetzt zu sterben.

Schon fällt der Hut an deine Erben.


Was sind schon Stunden?

Sie fliehen, schwinden deiner hohlen Hand,

und treiben dich durchs Niemandsland.

Du bist gebunden

an ihre schwindenden Minuten,

derweil der Tod mahnt, dich zu sputen.


Was bringt das Reisen

durch dieses dunkle Tal der kleinen Welt?

Hier ruft zur Jagd das schnöde Geld

auf tausend Weisen,

doch immer sitzt der Tod im Nacken,

bereit, dich unverhofft zu packen.


Der Sinn im Ganzen?

Mit Gott zu sein, und ihm sich anvertraun!

Mit ihm die kleinsten Wunder schaun!

Im Schmerz zu tanzen!

Sich ihm in Liebe zuzuwenden,

und mit ihm diesen Lauf vollenden!



© Bettina Lichtner 

Dienstag, 12. Oktober 2021

Mit der Zeit

 


Mit der Zeit geht alles vorbei.

Man vergisst das Gesicht.

Man vergisst die Stimme.

Man vergisst das Herz, wenn es nicht mehr schlägt.

Es ist nicht der Mühe wert, weiter zu suchen.

Man muss es geschehen lassen.

Das ist sehr gut so.



aus Léo Ferré (Avec le temps)

Sonntag, 10. Oktober 2021

Aus Engelssicht

 



Wir gehen zu dem Grab eines Freundes und sagen: 


"Ein Mensch ist gestorben."



Aber die Engel drängen sich darum und sprechen: 


"Ein Mensch ist geboren."



(c) Henry Ward Beecher, 1813-1887

Vor dem Aufsprießen

 


Kinder, die früh sterben gleichen den Frühlingsblumen, deren Blüten schon vor dem Aufsprießen entwickelt sind. Sie brechen nur aus dem Boden hervor, blühen und vergehen. Danken wir Gott für die Frühlingsblumen unter den Menschen ebenso wohl wie für die unter dem Gras des Feldes!


(c) Henry Ward Beecher, 1813-1887