Donnerstag, 19. November 2020

Gott wird abwischen alle Tränen ...

 


Oh Herz, wie musst du dehnbar sein

in diesem einzig' Leben.

Gar manches drängt zur Tür hinein -

sei's Frohsinn oder Traurigsein,

ein Stelldichein zu geben.


Zur Wonne ist die Liebe dir,

sie bringt dich fast zum Bersten.

Ein Quell ist sie, ein Elixier,

sie wärmt und nährt dich für und für,

und tröstet dich im Schwersten.


Doch auch die Trübsal schickt sich an,

die Kammer zu beziehen

mit Schmerz und Tränen im Gespann,

wohl weil sie sich aufs Licht besann,

der Rast nach Kampf und Mühen.


Doch hütest du auch ein Präsent

in deinem Grenzenlosen,

denn ganz in ihrem Element

blüht die Erinnerung. Sie kennt

den Dorn und auch die Rosen.


Du bist von Träumen prall gefüllt,

von solchen, die erstrahlten,

und solchen, die sich nie erfüllt.

Manch' Sehnsucht, die dann ungestillt,

darf sich in dir entfalten.


Du wahrst die Tränen, die geweint,

als jäh ein Abschied nahte. 

Geliebtes Herz, du hast vereint,

was durch den Tod so ferne scheint,

und spielst das Jubilate.


Denn den, den ich verloren wähn',

er bleibt im Herz der meine.

Dort ist's ein ewig' Wiederseh'n,

ein herzlich' Beieinandersteh'n,

im süßen Himmelsscheine ...



(c) Bettina Lichtner

Zarter Schnee


                                                                     unser geliebter Freund im Moment des Abschieds



Leben ist wie Schnee,

du kannst ihn nicht bewahren.

Trost ist,

dass du da warst,

Stunden,

Monate,

Jahre ...


(c) Hermann van Veen

Mittwoch, 18. November 2020

Auf dem Kirchhof


 

Der Tag ging regenschwer und sturmbewegt,

ich war an manch vergess'nem Grab gewesen.

Verwittert Stein und Kreuz, die Kränze alt,

die Namen überwachsen, kaum zu lesen.


Der Tag ging sturmbewegt und regenschwer,

auf allen Gräbern fror das Wort:   Gewesen.

Wie sturmestot die Särge schlummerten,

auf allen Gräbern taute still:   Genesen.



(c) Detlev von Liliencron (1844-1909)


Samstag, 14. November 2020

Tänzer


 

Alles ist vorherbestimmt, Anfang wie Ende,

durch Kräfte, über die wir keine Gewalt haben.

Es ist vorherbestimmt für das Insekt

nicht anders wie für den Stern.

Die menschlichen Wesen, Pflanzen oder der Staub ---

wir alle tanzen nach einer geheimnisvollen Melodie,

die ein unsichtbarer Spieler in den Fernen des Weltalls anstimmt.


(c) Albert Einstein (1879-1955)

Dienstag, 10. November 2020

Bedenkt ...

 


Vor meinem eigenen Tod ist mir nicht bang.

Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.

Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich tot entlang

und lass mich willig in das Dunkel treiben.

Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr,

und die es trugen, mögen mir vergeben.

Bedenkt: den eigenen Tod, den stirbt man nur,

doch mit dem Tod der anderen muss man leben.


(c) Mascha Kaléko (1907-1975)

Sonntag, 25. Oktober 2020

Matthäus 5, 4

 



"...... denn sie sollen getröstet werden."


Montag, 19. Oktober 2020

Elegie bei dem Grabe meines Vaters


 Selig alle, die im Herrn entschlafen,

selig, Vater, selig bist auch du!

Engel brachten dir den Kranz und riefen;

und du gingst in Gottes Ruh!


Wandelst über Millionen Sternen,

siehst die Handvoll Staub, die Erde nicht;

schwebst, im Wink, durch tausend Sonnenfernen,

schauest Gottes Angesicht.


Siehst das Buch der Welten aufgeschlagen,

trinkest durstig aus dem Lebensquell;

Nächte, voll von Labyrinthen, tagen,

und dein Blick wird himmelhell.


Doch in deiner Überwinderkrone

senkst du noch den Engelblick auf mich;

betest für mich an Jehovas Throne;

und Jehova höret dich.


Schwebe, wann der Tropfen Zeit verrinnet,

den mir Gott aus seiner Urne gab,

schwebe, wenn mein Todeskampf beginnet,

auf mein Sterbebett herab!


Daß mir deine Palme Kühlung wehe,

Kühlung, wie von Lebensbäumen träuft;

daß ich sonder Graun die Täler sehe,

wo die Auferstehung reift.


Daß ich mit dir durch die Himmel schwebe,

wonnestrahlend und beglückt, wie du;

Und auf einem Sterne mit dir lebe,

und in Gottes Schoße ruh!


Grün indessen, Strauch der Rosenblume,

deinen Purpur um sein Grab zu streun;

schlummre, wie im stillen Heiligtum,

hingesäetes Gebein!



(c) Ludwig Heinrich Christoph Hölty (1748-1776)

Sonntag, 18. Oktober 2020

HERR, was tät ich ohne dich?


 

Droh' im Leid ich zu versinken,

reicht mir Gott die Retterhand,

lässt mich nicht im Schmerz ertrinken,

zieht mich in das Hoffnungsland.

Nimmer lässt ER mich im Stich!

HERR, was tät ich ohne dich?


Will die Dunkelheit mich packen,

zündet Gott das helle Licht.

Will das Herz im Gram versacken,

höre ich, wie Gott mir spricht:

"Nimmer lass' ich dich im Stich!"

HERR, was tät ich ohne dich?


Tod und Trauer finden Pfade,

mich zu fesseln in der Pein.

Doch ich spüre Gottes Gnade,

warm so wie der Sonnenschein.

Nimmer lässt ER mich im Stich!

HERR, was tät ich ohne dich?


Tränen fluten meine Stunden,

dass die Ohnmacht bis zum Rand.

Gott verbindet alle Wunden,

hilft vom Fall mir in den Stand.

Nimmer lässt ER mich im Stich.

HERR, was tät ich ohne dich?


Schreien möcht' ich, immer schreien,

weil's mir weh im Innren tut.

Doch ich bete zu dem Treuen,

bis das Laute schließlich ruht.

Nimmer lässt ER mich im Stich.

HERR, was tät ich ohne dich?


Ach, mein Tröster, Heiland, Retter!

Ach, es dürstet mich nach dir!

Lügen strafst du deine Spötter!

Du allein bist alles mir.

Nimmer lässt du mich im Stich.

HERR, was tät ich ohne dich?


(c) Bettina Lichtner 

Samstag, 17. Oktober 2020

Bei dem Grabe meines Vaters


 

Friede sei um diesen Grabstein her,

sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben

einen guten Mann begraben,

und mir war er mehr.

Träufte mir von Segen, dieser Mann,

wie ein milder Stern aus bessern Welten!

Und ich kann's ihm nicht vergelten,

was er mir getan!

Er entschlief; sie gruben hier ihn ein.

Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben,

und ein Ahnden von dem ew'gen Leben

düft' um sein Gebein.

Bis ihn Jesus Christus, groß und hehr, 

freundlich wird erwecken! - Ach, sie haben

einen guten Mann begraben,

und mir war er mehr.


(c) Matthias Claudius (1740-1815)

Freitag, 16. Oktober 2020

Mein totes Kind

 


Mein Kind, das früh geschieden,

goldlockig, hold und klein,

oft nahst du jetzt der Müden,

längst sank dein Hügel ein.


Nie hab' ich dich vergessen.

Die andern wurden groß,

du aber unterdessen

bliebst klein auf meinem Schoß.


Oft unter Sturm und Schmerzen

im heißen Mittagslicht,

verblich in meinem Herzen

dein süßes Angesicht.


Doch jetzt beim Abendfrieden

wie neu erwacht eilst du,

mein Kind, das früh geschieden,

der Mutter wieder zu.


Wie selig sind wir beide!

Ich fühl' dein Ärmchen rund,

der Locken blonde Seide,

den lieben, kleinen Mund.


"Sie ließen dich alleine,

mein armes Mütterlein,

ich aber, deine Kleine,

ich will nun bei dir sein."


Auf deinem Grab die Rosen

schaukeln im Abendwind,

indes wir heimlich kosen,

mein süßes, totes Kind.


(c) Pauline Schanz (1828-1913)

Die Augen aufgetan!


 

Ein Christ sollte dies zeitliche Leben nur mit zugetanen Augen und blinzlich anschauen; aber das zukünftige, ewige Leben sollte er mit ganz aufgetanen Augen und mit klarem, hellem Licht ansehen und sollte nur mit der linken Hand in diesem Leben auf Erden sein, aber mit der rechten Hand und mit der Seele und ganzem Herzen sollte er in jenem Leben sein, im Himmel, und desselben in gewisser Hoffnung allzeit fröhlich warten.


(c) Martin Luther (1483-1546)

Mittwoch, 14. Oktober 2020

Des Pilgers Hülle

 


Am Grabe stehn wir stille

und säen Tränensaat,

des lieben Pilgers Hülle,

der ausgepilgert hat.


Er ist nun angekommen,

wir pilgern noch dahin.

Er ist nun angekommen,

der Tod war ihm Gewinn.


Er schaut nun, was wir glauben.

Er hat nun, was uns fehlt.

Ihm kann der Feind nichts rauben,

der uns versucht und quält.


Ihn hat nun als den Seinen

der Herr dem Leid entrückt.

Und während wir hier weinen,

ist er so hoch beglückt.


Er trägt die Lebenskrone

und hebt die Palm empor.

Und singt vor Gottes Throne

ein Lied im höhern Chor.


Wir armen Pilger gehen

hier noch im Tal umher,

bis wir ihn wiedersehen

und selig sind wie er.


(c) Philipp Spitta (1801-1859)

Himmel voller Licht


 

Nun bin ich durch, Gott Lob und Dank.

Hier kommt ein ander Leben.

Hier wird mir, was mein Leben lang

ich nicht gesehen, gegeben.

Ein ganzer Himmel voller Licht,

ein Licht, davon mein Angesicht

so schön wird als die Sonne.

Hier ist ein ew'ges Freudenmeer,

wohin ich nur die Augen kehr',

ist alles voller Wonne.


(c) Jacob Böhme (1575-1624)

Dienstag, 13. Oktober 2020

Gloria

 



Der Tod ist ein glorreiches Ereignis für den,

der zu Jesu geht.



(c) David Livingstone (1813-1873)

Nichts ist stärker als die Liebe


 

Die Liebe war ein zarter dünner Faden,

als unsere Herzen sich einst fanden.

Der Lauf der Zeit wob in diesen Faden

Lachen und Weinen,

laue Sommernächte und stürmische Herbstböen,

frühlingsleichtes Herzbeben und winterharte Fröste,

Talfahrten und Höhenflüge,

Leises und Lautes.

All das hielt der Faden aus

und wuchs zu einem starken Seil.

Dann schwang der Tod seine Sense

und suchte, das Seil zu trennen.

Doch es misslang ihm,

denn auf Erden hielt meine Hand das eine Ende fest,

und im Himmel hielt die deine das andere.

Immer und immer sind wir verbunden

durch dieses starke Seil der Liebe.

Die Energie zwischen uns

hört nicht auf zu sein.


(c) Bettina Lichtner



Samstag, 10. Oktober 2020

Wundersame Wandlung


 

Nun ist's soweit. Hinfort mit allen Fesseln!

Es sehnt die Seele sich nach Freiheit.

Der Tod schält mich aus dem Kokon.

Hinaus aus dem dunklen Verließ,

das Licht des Tunnels endlich erreicht.

Dem atemlosen Hamsterrad entsprungen,

empfängt mich die absolute Liebe!

Ich trinke von der himmlischen Freude,

sehe mich satt am Wolkenweiß und Sonnengold,

richte meine neue Wohnstatt auf Sternenstaub.

Wundersame Wandlung

einer Marionette zum Engel.

Auf dem Regenbogen sitzen

und auf graue Welten schauen.

Gestern noch einer von ihnen,

gezwängt in Zeit und Raum,

kämpfend in tosenden Fluten.

Könntet ihr sehen den ewigen Frieden,

ihr tauschtet eure Tränen

gegen Freude und Hoffnung.



(c) Bettina Lichtner


Follower des Todes


Endlich, endlich bist du da, mein Freund.

Nun findet alles seinen Frieden.

Es flieht der Schmerz aus kranken Gliedern,

die Zeit entfleucht den müden Knochen,

der Atem steht mir still.

Du ziehst die Kleider mir vom Leibe,

und nimmst mein Hab mir und mein Gut ---

das Angehäufte bleibt den Nächsten.

Erinnerung werd' ich nun werden,

werd' auf den Zungen weiterleben,

werd' weiter durch Gedanken reisen,

bei ihnen bleiben, bis sie mir folgen,

wie ich nun folge den Vermissten,

die vor mir deine Hand ergriffen.

Ein Folgen ist's und ein Verfolgen.

Wer könnt' sich dir entziehen?

Du klopfst und tust dir selber auf.

Ich bin nicht mehr, bin nun verschwunden,

und freudig tanzt die Seele

zu den Sternen ....


(c) Bettina Lichtner

 

Dienstag, 16. Juni 2020

Teile beides





Menge den Tod mit dem Leben,

und teile beides

in Augenblicke ...



(c) Marcel Schwob (1867-1905)

Dienstag, 9. Juni 2020

Solang du kannst ...



O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
wo du an Gräbern stehst und klagst!

Und sorge, daß dein Herze glüht
und Liebe hegt und Liebe trägt,
solang ihm noch ein ander Herz
in Liebe warm entgegenschlägt!

Und wer dir seine Brust erschließt,
o tu ihm, was du kannst, zulieb!
Und mach' ihm jede Stunde froh,
und mach' ihm keine Stunde trüb!

Und hüte deine Zunge wohl,
bald ist ein böses Wort gesagt!
O Gott, es war nicht bös gemeint -
der andre aber geht und klagt.

O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
wo du an Gräbern stehst und klagst!

Dann kniest du nieder an der Gruft
und birgst die Augen, trüb und naß,
- sie sehn den andern nimmermehr -
ins lange, feuchte Kirchhofsgras.

Und sprichst: O schau' auf mich herab,
der hier an deinem Grabe weint!
Vergib, daß ich gekränkt dich hab'!
O Gott, es war nicht bös gemeint!

Er aber sieht und hört dich nicht,
kommt nicht, daß du ihn froh umfängst;
der Mund, der oft dich küßte, spricht
nie wieder: Ich vergab dir längst!

Er tat's, vergab dir lange schon,
doch manche heiße Träne fiel
um dich und um dein herbes Wort -
doch still - er ruht, er ist am Ziel.

O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
wo du an Gräbern stehst und klagst!



(c) Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

Mittwoch, 29. April 2020

Gebet bei Seuchen und Sterbenszeiten



Ach Herr Gott, gnädig und barmherzig, von großer Güte und Treue, wir erkennen deinen gerechten Zorn, welchen wir mit unsern Sünden wider uns erweckt haben. Ach schone unser, lieber Vater, um deines lieben Sohnes Jesu Christi willen. Strafe uns nicht in deinem Zorn und züchtige uns nicht in deinem Grimm. Ach Herr, sei uns gnädig, sei uns gnädig nach deiner Güte und tilge unsere Sünde nach deiner großen Barmherzigkeit. Wende deine Plage von uns, daß wir nicht verschmachten von der Strafe deiner Hand. Wende dich, o Herr, und errette uns. Hilf uns um deiner Güte willen. Heile, Herr, alle Schwachen und Kranken. Sei bei ihnen in der Not. Reiße sie heraus und zeige ihnen dein Heil. Nimm dich ihrer Seelen herzlich an und vergib ihnen all ihre Sünde. Lehre uns hierbei alle bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden und mit Furcht und Zittern unsere Seligkeit schaffen. Laß uns, wenn unser Stündlein kommt, an deinem Worte festhalten, in Frieden hinfahren und den Tod nicht sehen ewiglich. Erhöre uns, erhöre uns, erhöre unsere Bitte, Gott Vater, Sohn und heiliger Geist, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.


(Hannoversche Landeskirche, 1926)

Dienstag, 28. April 2020

Nichts trennt uns von der Liebe




Eines ist ganz sicher:

Weder Tod noch Leben,

weder Engel noch überirdische Mächte,

weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,

weder Hohes noch Tiefes ----

nichts in dieser Welt

kann uns trennen von der Liebe Gottes,

die er uns in Jesus Christus,

unserem Herrn,

bewiesen hat.



(Römer 8, 38-39)

Sonntag, 26. April 2020

Niemals alleine



Wenn du durch einen Sturm gehst,
halte den Kopf oben,
und fürchte dich nicht vor der Dunkelheit.
Am Ende des Sturms ist ein goldener Himmel
und das süße, silberhelle Lied einer Lerche.

Geh weiter durch den Wind.
Geh weiter durch den Regen.
Auch wenn sich all deine Träume in Luft auflösen.
Geh weiter! Geh weiter
mit Hoffnung in deinem Herzen,
und du wirst niemals alleine gehen ...


(Übersetzung des Liedes You'll never walk alone)

Dienstag, 21. April 2020

Drei Worte




Wenn ich mein Leben überschreiben wollte, 
so wären es drei Worte:



G o t t     i s t     L i e b e  !




(c) Schwester Anna Kolitz, 1880-1954

Dienstag, 14. April 2020

Treu zur Seite



Es wird ein Engel dir gesandt,

um dich durchs Leben zu begleiten.

Er nimmt dich liebend an der Hand

und bleibt bei dir zu allen Zeiten.

Er kennt den Weg, den du zu gehen hast,

und trägt mit dir der Erde Leid und Last.



(c) Karl May, 1842-1912

Montag, 13. April 2020

Das ist das Wunderbare



Der Tod ist die Hölle

und die Nacht

und die Kälte,

wenn ihn unser Glaube nicht verwandelt.

Aber das ist das das Wunderbare,

daß wir den Tod 

verwandeln können .....



(c) Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945

Sonntag, 12. April 2020

Kein weiter Weg




Der Weg zur Ewigkeit

ist gar nicht weit.

Morgens ging er fort,

mittags war er dort ...


(c) unbekannt

Samstag, 11. April 2020

Ihr Bild



Ich stand in dunkeln Träumen
und starrte ihr Bildnis an,
und das geliebte Antlitz
heimlich zu leben begann.

Um ihre Lippen zog sich
ein Lächeln wunderbar,
und wie von Wehmutstränen
erglänzte ihr Augenpaar.

Auch meine Tränen flossen
mir von den Wangen herab -
und ach, ich kann's nicht glauben,
daß ich dich verloren hab!


(c) Heinrich Heine, 1797-1856

Freitag, 10. April 2020

Das 6. und das 7. Wort



Nun ist die Schrift erfüllet, nun ist die Nacht geendet, die Sonne bricht hervor und wirft ihre glühenden Abendstrahlen auf das Kreuz, und der Herr ruft das größte seiner Worte, das erhabenste Wort, das seit dem Schöpferwort des Anfangs gesprochen ward, das Wort: " Es ist vollbracht!" Es ist der Siegesruf des Helden Gottes, es ist der Jubelschrei des Löwen Gottes, der überwunden hat, es ist das große, laute Amen Jesu Christi, darauf der Himmel zu den Harfen greift, und die Hölle mit den Zähnen knirscht. Er hat sich umgesehen am Kreuz rückwärts bis auf den ersten Sünder an der Pforte des verlorenen Paradieses, vorwärts auf den letzten Sünder, der noch wird geboren werden, und siehe, das Lösegeld reicht aus für alle, es ist vollbracht, vollbracht die Sühne für die ganze Menschheit, vollendet der Rock der Gerechtigkeit und die Kleider des Heils, die unsre Blöße decken. Jesus hat ihn gewoben, hat ihn gewoben mit seinen durchgrabenen Händen, und als er das Gewand fertig hatte, rief er triumphierend: Es ist vollbracht. Unter dieses sechste Wort rufe ich euch alle, alle. Jesus hat alles vollbracht. Der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. Nun kann und darf und will er alle seine Gerechtigkeit auf uns werfen. Weg drum mit aller Selbstgerechtigkeit, weg mit allem Kleinglauben und Zweifel, ob denn das Lösegeld auch für dich reicht: Fürchte dich nicht, glaube nur: es ist vollbracht.
Als er das Siegerwort gerufen, fügt er frohlockend hinzu: "Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände." Es ist das Scheidewort des Friedefürsten. In Gethsemane war die Stunde, wo er in der Menschen Hände übergeben ward, hier übergibt er seinen Geist in des Vaters Hände: da will er ruhen, während der Leib im Grabe ruht, bis der Geist sich über ein Kleines wieder vereint mit dem verklärten Leibe. Unter dieses siebente Wort rufe ich die Sterbenden, daß sie mit dem Psalm sprechen: "In deine Hände befehle ich meinen Geist, denn du hast mich erlöset, Herr, du treuer Gott." Unter dieses siebente Wort wollen wir unser Sterbebett rücken, wenn unsre Stunde schlägt, und wollen das letzte Wort unsres sterbenden Herrn in des sterbenden Stephanus Übersetzung wandeln: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf. Denn nichts ist, das uns im Angesicht des Todes sterbensfreudig macht, als der Blick aufs Kreuz, auf den, der überwunden hat. Als ich einst am Bett eines Sterbenden stand und ihm den kalten Todesschweiß von der Stirne wischte, mich über ihn beugte und ihn fragte, wessen er sich getröste in seinem Sterben, da hauchte er mit den erbleichenden Lippen jenen schönen Vers:

Der Schweiß von deinem Angesicht
laß mich nicht kommen ins Gericht.
Dein ganzes Leiden, Kreuz und Pein,
das wolle meine Stärke sein.

Meine Lieben, wer so stirbt, der stirbt wohl. 


(c) Dr. Max Frommel, 1830-1890


Mit und für den Sterbenden beten



Einem Sterbenden nahe sein heißt zwar auch, noch dies und jenes tun und auf eine stille Art liebevoll dasein; es heißt aber in erster Linie, mit ihm und für ihn beten.

Es wird immer der Verantwortung und dem Feingefühl des Begleitenden anheimgegeben sein, wie weit er dem Sterbenden die Wahrheit sagen will. Ich selbst würde aus Achtung vor dem Sterbenden bei Klarheit und Wahrheit zu bleiben suchen, auch wenn es den Gepflogenheiten von heute nicht mehr entspricht. Ich würde ihm die Wahrheit sagen und ihn nicht betäuben, wenn immer er ein Mensch ist, der auch in seinem Leben die Verwirrung seiner Sinne und die Betäubung seiner Gedanken nicht gewünscht hat. Denn ein Gebet mit dem Sterbenden ist ohne Wahrheit nicht denkbar. Daß wir so häufig vorziehen, ihn im unklaren zu lassen, bedeutet nicht, daß wir bessere, sondern daß wir schlechtere Helfer und Freunde sind. Daß es uns heute oft so schwer scheint, zu glauben, hängt mit der hohen Kunst der Vernebelung zusammen, die unsere Zeit erreicht hat, denn nichts schadet dem Glauben so sehr wie Betäubung oder das Dämmerlicht einer lebenslangen Unklarheit. Es hilft nichts, den Sterbenden in die Scheinwelt seiner Lebenshoffnungen zurückzuholen. Es geht aber die einzigartige Gelegenheit vorüber, in letzter Stunde zu danken, zu bekennen, zu versöhnen und zu verzeihen. Das Sterben ist ein Stück des Lebens; um dieses letzte Stück Leben soll man niemanden betrügen.

Es scheint mir auch ein Unrecht zu sein, ihn so zu trösten, daß er der alte bleiben kann mit all seinen Selbsttäuschungen und Selbstrechtfertigungen. Was Schuld ist, muß deutlich werden, aber es muß ebenso klar gesagt werden, wer für diese Schuld eintritt. Dem Sterbenden muß die Möglichkeit geboten werden, seine Schuld zu bekennen und in der Wahrheit vor Gott zu treten.

Wer die Wahrheit sagt, übernimmt aber damit die Pflicht, den Sterbenden zu begleiten, bis er die Schwelle überschritten hat, wenn es irgend möglich ist. Einfaches Dableiben ist unendlich viel, durch das einfache Dasein zeigen, daß er nicht verlassen ist, und ihm dann in aller Stille und mit dem Segen des dreieinigen Gottes helfen, still und ohne Angst hinüberzugehen.


(c) Jörg Zink, 1922-2016

Mittwoch, 8. April 2020

Wo ist euer Glaube?



Jesus hat viele Freunde Seines himmlischen Reiches,
aber wenige Träger Seines Kreuzes.

Er hat viele, die nach Trost,
aber wenige, die nach Trübsal verlangen.

Er findet mehr Genossen Seines Tisches,
aber wenige Seiner Entsagung.

Alle wollen sich mit Ihm freuen,
wenige aber etwas für Ihn leiden.

Viele folgen Ihm bis zur Brechung des Brotes,
aber wenige bis zum Trinken des Leidenskelches.

Viele verehren Seine Wunder,
wenige folgen Ihm bis zur Schmach des Kreuzes.

Viele lieben Jesus,
solange sie nichts Widriges trifft.

Viele loben und preisen Ihn,
solange sie Tröstungen von Ihm empfangen.

Sobald sich Jesus aber verbirgt, und sie nur kurze Zeit allein lässt,
so brechen sie in Klagen aus oder verlieren gar allen Mut ....


(c) Thomas von Kempen, 1380-1471

Samstag, 4. April 2020

Jedesmal ...



Jedesmal, wenn ihr an dem Feld vorbeikommt, in dem ihr eure Vorfahren beigesetzt habt, schaut richtig hin, und ihr werdet euch und eure Kinder Hand in Hand tanzen sehen.


(c) Khalil Gibran, 1883-1931

Sonntag, 29. März 2020

Auf Fels oder Sand?




Wer sein Haus auf den Felsen gebaut hat, das ist, wer in Christus befestigt und bei dem mit seinem Christentum etwas in der Ordnung ist, über den muß bald ein Platzregen, ein Sturmwind, ein Prüfungstag kommen. Wenn nun dieser Windstoß das Haus nicht umwirft, so wird's eben dadurch offenbar, daß das Haus nicht auf einem Sandhügel, sondern auf einem Felsen stehe. Da nun zur Zeit der Trübsal so viel Menschen um- und abfallen, so ist's offenbar und erwiesen, daß das Christentum der meisten Menschen Sandhäuser und Sandgebäude sind.


(c) Martin Boos, 1762-1825

Samstag, 28. März 2020

Der Tod als Freund und Feind



Tod, wie bitter ist der Gedanke an dich
dem Mann, der ruhig lebt mit seiner Habe,
dem Mann, der zufrieden und dem alles gelingt,
und der noch die Kraft besitzt, es zu genießen.

O Tod, wie willkommen ist dein Befehl
einem armen und kraftlosen Menschen,
der sich strauchelnd an allem stößt,
der verstört und ohne Hoffnung ist.

Fürchte dich nicht vor dem Tode, der dir bestimmt.
Bedenke, daß es keinem vor und nach dir anders geht;
denn das ist Gottes Los für alles Fleisch.

Was willst du dich des Höchsten Weisung widersetzen?
Ob das Leben tausend, hundert oder zehn Jahr währte,
in der Unterwelt kann man sich nicht beschweren.


(Sirach, 41, 1-4)

Dienstag, 24. März 2020

Dir sterb ich




Jesu, Dir leb ich;
Jesu, Dir sterb ich;
Jesu, Dein bin ich im Leben und im Tod !

O sei uns gnädig;
Sei uns barmherzig;
Führ uns, o Jesu, in Deine Seligkeit.


(c) Joachim v. Burch, ca. 1587

Von der Betrachtung des Todes



Hienieden wird es bald mit dir vorbei sein; siehe also, wie es um dich steht. Heute noch lebt der Mensch, doch morgen kommt er nicht mehr zum Vorschein. Wie er aber den Augen der Menschen entrückt ist, verschwindet er auch aus ihrem Gedächtnis.
O, wie ist des Menschen Herz so stumpf und verhärtet, daß es nur an das Gegenwärtige denkt, und nicht vielmehr auf das Zukünftige sieht. Du solltest bei all deinem Tun und Denken dich so verhalten, als wenn du gleich sterben müsstest. Bei einem guten Gewissen würdest du den Tod wenig fürchten. Besser wäre es, die Sünden meiden, als den Tod fliehen. Bist du heute nicht darauf vorbereitet, wie solltest du es morgen sein? Morgen ist ein ungewisser Tag, und wie weißt du, ob der Morgen noch dein ist?
Was nützt, lange leben, wenn wir uns so wenig bessern? Ach, ein langes Leben macht uns nicht immer besser, sondern es vermehrt oft nur die Sündenschuld. O, daß wir doch nur einen einzigen Tag in der Welt gut verlebt hätten! Viele zählen die Jahre der Bekehrung, aber oft ist die Frucht ihrer Besserung nur sehr klein. Wenn es fürchterlich ist, zu sterben, so ist es vielleicht gefährlicher, länger zu leben. Glücklich, wer die Stunde seines Todes immer vor Augen hat und sich täglich zum Sterben anschickt! Hast du irgend einmal einen Menschen sterben gesehen, so denke, daß auch du diesen Weg gehen mußt.
Am Morgen denke, du werdest vielleicht den Abend nicht erreichen; ist aber der Abend angekommen, so versprich dir den Morgen nicht mehr. Stets also sei bereit, und lebe so, daß der Tod dich nimmer unvorbereitet finde. Viele sterben plötzlich und unvermutet. Denn zu einer Stunde, da man es nicht erwartet, wird des Menschen Sohn kommen. Wenn nun jene letzte Stunde kommt, so wirst du anfangen, über dein ganzes vergangenes Leben anders zu denken, und es sehr bedauern, daß du so nachlässig und saumselig gewesen bist.
Wie glücklich und weise ist, wer in diesem Leben so zu sein strebt, wie er im Tode erfunden zu werden wünscht? Denn große Zuversicht gibt dem Sterbenden die vollkommene Verachtung der Welt, das glühende Verlangen, in allen Tugenden zuzunehmen, die Liebe zur Zucht, Fleiß in der Besserung, williger Gehorsam, Verleugnung seiner selbst, und Ertragung jeder Widerwärtigkeit aus Liebe zu Jesu. Viel Gutes kannst du wirken, solange du gesund bist; was du aber auszurichten vermagst, wenn du krank bist, das weiß ich nicht. Wenige werden durch Krankheit gebessert, so wie auch diejenigen, welche häufig wallfahrten, selten heilig werden.
Setze dein Vertrauen nicht auf Freunde und Verwandte und verschiebe die Sorge für dein Heil nicht auf die ungewisse Zukunft. Die Menschen werden deiner schneller vergessen als du glaubst. Es ist besser sich zeitig vorzusehen und gute Werke in die Ewigkeit vorauszuschicken, als auf die Hilfe anderer vertrauen. Wenn du nicht jetzt für dich sorgest, wer wird in Zukunft für dich sorgen? Jetzt ist die kostbare Zeit noch da! Jetzt sind die Tages des Heils, jetzt ist die gnadenreiche Zeit! Aber wehe, daß du diese Zeit nicht besser anwendest; einen Schatz für das ewige Leben könntest du dir in derselben sammeln! Es wird die Zeit kommen, wo du nur noch EINEN Tag, EINE Stunde zu deiner Besserung zu haben wünschen wirst; aber ich weiß nicht, ob du sie erhaltest.
Bedenke doch, Geliebter, aus welcher großen Gefahr du dich befreien, welcher großen Furcht du dich entreißen kannst, wenn du immer den Tod vor Augen hast, als könnte er dich jeden Augenblick übereilen. Lerne jetzt so leben, daß du in der Stunde des Todes dich mehr freuen als fürchten mögest. Lerne jetzt der Welt absterben, damit du dann anfangest, mit Christus zu leben. Lerne jetzt alles verschmähen, damit du dann ungehindert zu Christus hineilen könnest. Züchtige jetzt deinen Leib durch Buße, damit du dann eine sichere Hoffnung habest.
Thor! Wie kannst du mit Sicherheit darauf rechnen, du werdest lange leben, da dir kein Tag zugesichert ist? Wie viele haben sich getäuscht, und sind unvermutet dem Leib entrissen worden! Wie oft hast du nicht erzählen hören: dieser ist durchs Schwert gefallen; jener ist ertrunken; dieser fiel von der Höhe herab und brach das Genick; jener starb plötzlich während dem Essen oder endete sein Leben beim Spiele! Einer kam durchs Feuer, ein anderer durch Waffen, durch die Pest, durch gewaltsamen Mord um: und so ist das Ende aller der Tod; das Leben der Menschen flieht schnell wie ein Schatten dahin.
Wer wird deiner nach dem Tode gedenken? Wer für dich beten? Wohlan, Geliebter, wohlan! Wirke jetzt, so viel du zu wirken vermagst, da du nicht weißt, wann du sterben wirst, noch auch, was deiner nach dem Tode wartet! Solange es noch Zeit ist, sammle dir unvergängliche Schätze. Denke an nichts, als an dein Heil; sorge allein für das, was Gottes ist. Mache dir Freunde durch Verehrung der Heiligen Gottes und durch Nachahmung ihres Wandels, damit sie dich in die ewigen Wohnungen aufnehmen, wenn du dieses Leben verlassen mußt.
Betrachte dich auf Erden immer als einen Fremdling und Gast, den die Weltgeschäfte nichts angehen. Erhalte dein Herz frei und zu Gott hingewendet, denn du hast hier keine bleibende Stätte. Dorthin richte täglich deine Gebete, deine Seufzer und Tränen, damit dein Geist würdig werde, nach dem Tode selig zum Herrn hinüberzugehen.
Amen.


(c) Thomas von Kempen (1380-1471)

Donnerstag, 19. März 2020

Treu und unerschrocken


Ein kurzes Leben wird uns hier auf Erden vergönnt.
Nicht den preise ich glücklich,
der es so sicher und ruhig hat, wie nur möglich,
sondern den, der treu und unerschrocken
die große Verantwortung des kleinen Lebens
auf sich nimmt und soviel, wie er nur kann,
die Kräfte und Möglichkeiten ausnutzt,
die Gott ihm verleiht.


(c) Bischof Nathan Söderblom, 1866-1931

Mittwoch, 18. März 2020

... und darf nicht ewig dauern



Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.



(c) Hermann Hesse, 1877-1962

Dienstag, 17. März 2020

Das Rettende





Wo aber Gefahr ist,

wächst das Rettende auch.



(c) Friedrich Hölderlin, 1770-1843

Montag, 16. März 2020

Der Tod hat viele Gesichter



Dasselbe Ding hat oft vielerlei Gesichter, und diese Gesichter können sehr verschieden sein. Dasselbe Ding schaut oft ganz anders aus, je nachdem die Umstände sind, und je nachdem wir selber gesinnt oder gestimmt sind. Sprich einunddasselbe Wort, tu einunddieselbe Tat: das eine Mal erntest du Dank und Lachen, das andre Mal Zorn und Tränen; Wort oder Tat waren gleich, aber ihre Gesichter waren ungleich.
So ist es auch mit dem Sterben. Sterben und Sterben ist zweierlei - nein, vielerlei, viele Gesichter hat der Tod. Er hat sanfte und wilde, gütige und grausame, gewöhnliche und erhabene Gesichter. Im Grunde genommen hat der Tod nie dasselbe Gesicht, er hat ein besonderes für jeden Menschen, denn jeder Mensch stirbt nach seiner eigenen Weise.
Wie wird der Tod uns erscheinen? Wir wissen es nicht eher, als bis er vor uns hintritt und uns in die Augen schaut. Es läßt sich nicht leugnen, daß darin etwas Beängstigendes liegt. Wüßte man vorher, wie der Tod ausschauen wird, so könnte man sich gewissermaßen darauf einrichten. In einer so ernsten Sache ist eine Überraschung nicht angenehm; aber es hilft uns nichts, er wird den Schleier vorher nicht lüften. Darum ist es gut, sich auf alles gefaßt zu halten, auch auf ein ernstes, auch auf ein schreckliches Gesicht. Übrigens kann hinter der strengsten Miene große Güte verborgen sein. 
Aber wer bestimmt denn, welches Gesicht der Tod zeigen soll? Das bestimmt an erster Stelle derjenige, der den Tod sendet, der Herr, in dessen Hand Leben und Tod ist. Darin liegt ein großer Trost. Der Herr bestimmt die Zeit, den Ort, die Weise, er fügt alle Umstände nach seinem Ermessen und wägt das Gewicht, das wir tragen sollen. Der Tod ist ein gehorsamer Diener, er schaut immer nach den Augen seines Herrn und folgt jedem Winke. Wir wissen aber, daß der Herr ein getreuer Gott ist, der uns nicht über unsere Kräfte versucht. Darum soll uns jede Miene und jede Gestalt und jede Gebärde des Todes recht sein. Es ist uns genug, zu wissen, daß wir nicht einem blinden Schicksal, einem grausamen Ungefähr preisgegeben sind, sondern in der Obhut des Vaters stehen. Von der Hand des Vaters können wir alles annehmen. Ich fürchte dein Gesicht nicht mehr, o Tod, und wenn ich auch nicht weiß, wie es sein wird, so kenne ich es doch: du kommst in der Gestalt, die der Vater dir befiehlt, und gerade so will ich dich sehen.
An zweiter Stelle bestimmen wir selber das Gesicht, das der Tod uns zeigen wird. Auf die äußern Umstände freilich haben wir keinen Einfluß; wir könnten alle möglichen Vorkehrungen treffen und wären doch nicht sicher, daß nicht alles sich anders wendete, als wir es zurechtgelegt haben. Aber es ist ja auch nicht so sehr die äußere Form, was dem Gesichte seine Bedeutung gibt, als vielmehr der Ausdruck. Und wir haben es wirklich mitzubestimmen, mit welchen Augen uns der Tod anschauen soll. Wie gelebt, so gestorben, sagt das Sprichwort. Je treuer wir unsere Pflicht erfüllen, je reiner wir unser Herz bewahren, um so milder wird uns der Tod begegnen; je schlechter das Leben war, um so strenger werden seine Züge sein. Auch in diesem Gedanken liegt ein Trost: noch leben wir ja und können unsere Sache in die Hand nehmen. Es liegt aber auch eine Sorge darin: werden wir das Ziel auch fest im Auge behalten, oder wird die Welt und unsere Schwachheit uns davon ablenken? Es steht bei uns, doch nicht bei uns allein und nicht zuerst bei uns; es kommt zumeist auf Gottes Gnade an.
Darum sollen wir eifrig beten um einen seligen Tod.


(c) Augustin Wibbelt (1862-1947)

Sonntag, 15. März 2020

Dir befehlen wir die Vorausgegangenen



Du, o ewiger Gott und Vater, bist der Herr über Leben und Tod. Wir wissen, dass unser irdisches Leben dem Ende zueilt und dass du, o Herr, allein weißt, was es gewesen. Dir befehlen wir alle, die uns vorausgegangen sind. Wir befehlen sie Deiner Gnade. Über den Gräbern hören wir auf die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi, des Lebensfürsten, und werden durch Ihn mit der lebendigen Hoffnung erfüllt, die alle Todesfurcht vertreibt und uns im Glauben sieghaft macht. Herr, laß solchen Glauben in unseren Herzen aufgehen und hilf uns in aller Sterbens- und Todesnot. Laß uns den Weg unsrer irdischen Pilgrimschaft sehen in dem Licht Deines ewigen Lebens. Laß uns nicht entfallen von des rechten Glaubens Trost! Amen.


(c) Ltd. Bischof H. Meiser, 1881-1956

Samstag, 14. März 2020

Zaget nicht ...


Zaget nicht, wenn Dunkelheiten 
auf des Lebens Pfaden ruhn!
Gott ist gut, er wird euch leiten,
ihm ist's Freude wohlzutun.

Alles Dunkel dieses Lebens 
glänzt vor Gott wie Sonnenlicht.
Menschen forschen oft vergebens;
seinen Blick hemmt Dunkel nicht.

Schwinge dich empor vom Staube,
fasse Mut, verzagter Geist !
Siegen, siegen wird der Glaube,
der den Herrn im Leiden preist !

Sind seine Gedanken nicht eure Gedanken,
lasst dennoch, Geliebte, den Glauben nicht wanken!
Er, der auch des Wurmes im Staube gedenkt,
hat alles zum besten der Seinen gelenkt.

Er kennet das Große, das Kleine, das Ferne,
die Tränen der Armen, die Heere der Sterne.
Mit mächtiger Liebe verfolgt er den Plan,
den seine unendliche Weisheit ersann.

Es soll uns das Dunkel der Erde nicht kümmern;
schon sieht ja der Glaube die Herrlichkeit schimmern.
Schon strahlt sie, schon wird das Verborgne enthüllt,
die Freude vollkommen, das Sehnen gestillt.



(c) Johann Wilhelm Reche, 1764-1835